Pfarrerin Julia Durchgraf wechselt in den Schuldienst

von Ev. Kirchengemeinde Dorsten

Pfarrerin Julia Durchgraf am 11.7.2010 bei Ihrer feierlichen Amtseinführung nach der Wahl in die erste Pfarrstelle der evangelischen Kirchengemeinde Hervest-Wulfen

Barkenberg - Frau Durchgraf, vor fünf Jahren sind Sie nach Dorsten gekommen. Wie war Ihr Start in der evangelischen Gemeinde Hervest-Wulfen?

Nach dem Studium in Münster und der praktischen Ausbildung in Bielefeld erhielt ich Mitte April 2008 die Nachricht, dass ich am 1. Mai meinen „Probedienst“ in Wulfen antreten könne. So kurzfristig war keine Wohnung in meinem künftigen Pfarrbezirk zu finden und wir sind erstmal in Deuten gelandet. Es folgte die Ordination 2009. Erst dann kann man in eine Pfarrstelle gewählt werden. Die feierliche Amtseinführung in die erste Pfarrstelle im Sommer 2010 bestätigte die Wahl des Presbyteriums vor der Gemeinde und bedeutete für mich zugleich das Erreichen meines ursprünglichen Berufsziels. Ich bin der Gemeinde hier sehr dankbar. Die Leute haben mich freundlich aufgenommen und ich bin angekommen. Das ganze Klima war viel offener als vorher in Bielefeld. Auch die dreigeteilte Gemeinde war spannend: Hervest ist vom Bergbau geprägt. Alt-Wulfen ist ein traditionelles westfälisches Dorf und Barkenberg ist „multikulti“. Das macht die Gemeinde so lebendig.

Wie hat sich die Arbeit in der Gemeinde entwickelt?

Als Vikarin dachte ich noch: Mit kleinen Kindern kann ich nicht. Aber 2009 wurde ich mit der Betreuung der Kita Wittenbrink beauftragt. Mit der Leiterin der Einrichtung, Ulrike Scherer, entwickelte sich eine sehr fruchtbare Zusammenarbeit. Wir haben gemeinsam religionspädagogische Konzepte entwickelt, angefangen mit den Kirchendetektiven in der kuscheligen Gnadenkirche. Die ganze Familie haben wir dabei mit ins Boot genommen. Es gab ein Projekt über den Islam und eines über das Judentum – alles kindgerecht. Dieses Reduzieren theologischer Inhalte hat mich fasziniert. Aber genauso spannend war es für mich, zum Beispiel der Frauenhilfe die feministische Theologin Dorothee Sölle vorzustellen oder einzelnen Biografien nachzugehen.

Nun wollen Sie diese Tätigkeit in der Gemeinde wieder aufgeben und an die Schule wechseln. Was hat Sie dazu bewogen?

Ein besonderes Interesse für Pädagogik hatte ich schon immer. Aber ich wollte den Beruf von der Pieke auf erlernen und mich erst später spezialisieren. Also ging es erst mal um den Berufsalltag zwischen Gemeindeleitung, Verwaltung, Finanzen und kirchenrechtlichen Fragen. Einige Monate hatte ich den Vorsitz des Presbyteriums. Aber ich war auch Berufsanfängerin und habe nur allmählich heraus gefunden, wie ich das ausgestalten möchte und was mir gut tut. Alles andere kostet unnötig Kraft. Und dann erreicht man in einer Gemeinde meist nur die Menschen, die von selbst in den Gottesdienst kommen – man bleibt binnenkirchlich. An der Schule reizt mich auch, dass ich als Vertreterin von Kirche auf vielfältige Weise mit jungen Menschen in einen Dialog über religiöse Fragen und Inhalte trete, die sonst nie mit Kirche in Kontakt geraten wären.

Es ist also nur eine weitere Facette des Pfarrberufs, die Sie erproben wollen?

Ja, das ist der berufliche Teil. Es gibt aber auch private Gründe für den Wechsel: Meine erste Ehe ist hier in Wulfen gescheitert. Ich habe lange gebraucht, um das zu verkraften, wurde krank. Inzwischen habe ich einen neuen Partner, aber ich kann diese Vergangenheit hier einfach nicht loswerden. Deshalb wünsche ich mir für uns einen richtigen Neuanfang an einem anderen Ort.

Was kommt nun im Schuldienst auf Sie zu?

Ich gehe zunächst als Vertreterin eines Kollegen im Sabbatjahr an ein Berufskolleg für Technik und Gestaltung nach Gelsenkirchen. Dort gebe ich Religionsunterricht, bin aber gleichzeitig Volltheologin und biete in der Schule auch Seelsorge an. Ich habe mit jungen Leuten von 16 Jahren aufwärts zu tun. Alle gesellschaftlichen Schichten sind dabei und vielfältige Bildungsgänge werden angeboten. Nach dem Vertretungsjahr will ich mich auf eine reguläre Schulpfarrstelle bewerben, die von der Kreiskirche ausgeschrieben wird. Dann hat man zwar keine Gemeinde, aber die Schule übernimmt so eine ähnliche Funktion. Und ob Schüler mein Angebot annehmen, obwohl Seelsorge in einer Schule ja nicht so in ist, hat etwas damit zu tun, wie ich ihnen begegne.

Am 14. Juli um 11 Uhr feiert Julia Durchgraf ihren Abschiedsgottesdienst im evangelischen Gemeindezentrum Wulfen-Barkenberg.

Quelle: Dorstener Zeitung, Fragen: Sabine Bornemann

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