Pfarrerin Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup verabschiedet

von Kirchenkreis Gladbeck-Bottrop-Dorsten

Eine Kämpferin für Gerechtigkeit

Pfarrerin Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup (l.) wurde in der Christuskirche verabschiedet. Foto: Bugzel

Fast 30 Jahre prägte die 65-jährige Theologin das Leben in ihrer Gemeinde, war Stütze und Urgestein der Evangelischen Kirche in Gladbeck. "Dein insgesamt 40-jähriger Dienst im Pfarramt war stets vom Glauben bestimmt, der in die Welt eingreift und sie verändert", sagte Pfarrerin Birgit Krenz-Kaynak eingangs des Gottesdienstes, zu dem zahlreiche Menschen aus der Kirche, Gesellschaft, Politik und Kultur des Weg in das Gladbecker Gotteshaus gefunden hatten.

In ihrer Abschiedspredigt zur Heilung eines besessenen Knaben (Mk 9, 14-29) stellte die scheidende Pfarrerin den Begriff der Hoffnung in den Mittelpunkt. Sie sei stets beeindruckt von Menschen gewesen, die nicht aufgegeben haben, "es gibt in der Tat viele Menschen, die die Welt nicht den Dämonen und dem Hass überlassen wollen. Die von Hoffnung beseelt sind, die jede Realität sprengt und die sich nicht abfinden mit den Gegebenheiten." Die Gottesdienstgemeinde forderte Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup auf, die Gleichgültigkeit in der Gesellschaft gegenüber dem Mitmenschen zu überwinden: "Steht auf für euch selbst, für die Kleinen und Schwachen, die selbst keine Stimme haben." Hoffnung werde Christen täglich neu durch ihren Glauben geschenkt.

In ihrem langjährigen Dienst habe sie viele hoffnunsvolle Begegnungen erlebt. In den ersten Dienstjahren im Krankenhaus, in der Hospizarbeit und später in der Gemeinde. Dort habe sie zahlreiche Kinder und Jugendliche, Haupt- und Ehrenamtliche kennengelernt, die ihr viel Freude bereitet hätten. "Wenn wir die Augen offen halten für andere, können wir im Alltag viele Hoffnunsgzeichen entdecken, die Gott uns schenkt."

Er habe Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup als eine Frau kennen und achten gelernt, die zupacken und helfen kann, sagte Superintendent Dietmar Chudaska, der die Pfarrerin aus ihrem Dienst verabschiedete. Mit ihrem jahrzehntelangen Engagement in der Flüchtlingsarbeit habe sie zahlreichen verfolgten Menschen zu ihrem Recht verholfen. Die beliebte Seelsorgerin sei nicht nur eine "unglaublich empathische Frau", sondern auch eine politisch auftretende, intellektuelle Theologin und Pastorin, die stets die richtige Sprache gefunden habe. Chudaska dankte der Pfarrerin für ihr Engagement im Kirchenkreis als ehemalige Synodalassessorin, für die ungezählten Gottesdienste in der Gemeinde und in Altenheimen, den Beerdigungen, "über 1000 in der Gemeinde", für ihr Eintreten für Integration und Inklusion in den Kitas und Schulen. "Wir danken für diesen Dienst im Licht des barmherzigen Samariters."

In seinem Grußwort freute sich Bürgermeister Ulrich Roland, "dass uns Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup als Gladbeckerin, als Brückenbauerin und als Kämpferin für Gerechtigkeit erhalten bleibt." Sie sei seit fast vier Jahrzehnten Teil der Stadtgesellschaft und habe die Stadt sozialer und lebenswerter gemacht, mit ihrer Zielstrebigkeit, Unbeirrbarkeit und Nächstenliebe.

Für die Gemeinde dankte Pfarrer Frank Großer zum Abschied für die viele Zeit und und ihren beharrlichen Einsatz. Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup habe die Gemeinde auf ihre ganz eigene Art und mit einer Prise Humor mitgestaltet. Für ihren langjährigen Einsatz in der Ökumene dankte für die Katholische Kirche Probst André Müller.

Die 1952 in Bielefeld geborene Theologin studierte ab 1972 Evangelische Theologie in Tübingen, Zürich und Göttingen. Ihr Vikariat absolvierte Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup von 1977 bis 1979 in Dortmund-Brakel. Einem Stipendium beim internationalen Rat der Kirchen in Genf schloss sich eine neunjährige Tätigkeit als Krankenhausseelsorgerin am Evangelischen Krankenhaus in Gelsenkirchen an.

1980 kam sie nach Gladbeck, sie folgte ihrem Mann Uwe, der an der Christuskirche zum Pfarrer gewählt worden war. Ab 1989 teilten sie sich seine Stelle, die 2008 in eine ganze umgewandelt wurde. Im Jahr 1991 wählte die Kreissynode des Kirchenkreises Gladbeck-Bottrop-Dorsten die Seelsorgerin zur ehemaligen Synodalassessorin (stellv. Superintendentin).

In ihrem Gemeindedienst setzte sich die Theologin bereits seit Anfang der 1990er Jahre für die Integration behinderter Kinder in den Gemeindekindergärten ein. Wie ein roter Faden zog sich auch die Flüchtlingsarbeit durch alle die Jahre als Pfarrerin. Schon mit Beginn des Bosnien-Krieges in den 1990er Jahren setzte sie sich mit einem Team von Ehrenamtlichen für Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten aktiv ein. Eine Arbeit, die sie auch im Ruhestand fortsetzen wird.

Auch die Erinnerung an die menschenverachtende NS-Zeit und das mit ihr verbundene tragische Schicksal des jüdischen Bevölkerungsanteils lag ihr am Herzen. Als Mitglied des Gladbecker Bündnisses für Courage in ihrer Heimatstadt organisierte Reile Hildebrandt-Junge-Wentrup die viel beachtete "Stolperstein-Aktion" sowie das Euthanasie-Denkmal am Gladbecker Rathaus.

Zahlreichen Menschen ist auch ihr Einsatz für die Kultur im kirchlichen Raum in Erinnerung. Dafür schuf sie eine offene Kirche mit Ausstellungen u.a. von Otto und Eva Pankok, den Kreuzwegstationen von Luise Theil sowie den Krippenausstellungen zur Adventszeit in der Christuskirche. Bu

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