einwort

einwort ist das Magazin der Evangelischen Kirchengemeinde Bottrop. Für jede Ausgabe wählen wir ein Wort, dessen Breite und Länge und Tiefe und Höhe wir ausloten. Wir glauben, dass ein Wort die Seele gesund machen kann. Auf der Suche nach den richtigen Wörtern erzählt einwort von Gott und der Welt. Denn am Anfang von allem war das Wort, und das Wort war bei Gott.

Interkontinentalliebe

von Ev. Kirchengemeinde Bottrop

In ihrer Wohnung stapeln sich die taz und die WAZ. Man könnte sagen, dass sie eine vom alten Schlag ist. Eine, die sich eine Meinung bildet. Unter dem Fernsehschrank versteckt sich ein rustikales Holz-Xylophon, auf dem Regal ruht ein dunkler Holzkopf, in der Ecke thront die Holzfigur einer Afrikanerin. Irgendwo hängt eine kleine Trommel an der Wand. Überall unterbrechen Ethno-Elemente den deutschen Wohnzimmerlook. Dazwischen sitzt Anke-Maria Büker-Mamy und liest. Ihr Mann Thomas ist derweil in Afrika. Geschäfte. Es ist die Geschichte einer eigenartigen Liebe, die 1996 auf einer Hochzeit von Freunden in Iserlohn begann.

Ruhiges Leben

Diese Anke wuchs erst in Dortmund, dann in Telgte im Münsterland auf. Der Vater ist Pfarrer, die Mutter hat Theologie studiert. Es ist eine Zeit, in der sich die Theologiestudentinnen noch entscheiden müssen: Familie oder Pfarramt. Erst 1991 führte die schaumburg-lippische Kirche als letzte Mitgliedskirche der EKD die Frauenordination ein. Ab dann war es auch Pfarrerinnen erlaubt, eine Familie zu gründen und ihre Berufung fortzuführen. Ankes Mutter wählte seinerzeit die Familie direkt im Großformat und bekam fünf Kinder. Für Anke folgte ein behütetes Leben inkl. Abitur, Auslandsjahr in Irland und einer Empfehlung der Jobbörse fürs Theologiestudium. Vielleicht war diese Wahl keine ausgewachsene Herzensangelegenheit, aber sie war familiär gesehen naheliegend. Also studierte sie in Berlin, Bonn und Heidelberg Theologie und fing 1996 in Bottrop als Pfarrerin an. Wenige Monate später lernte sie Thomas kennen: „Ich war 33 und führte bis dahin ein ruhiges Leben. Ich konnte machen, was ich wollte. Und dann habe ich 10 Jahre in 10 Wochen gelebt.“

Aufregendes Leben

Das erste Treffen in Iserlohn, ein Blick, die große Liebe – und fertig. Thomas war überzeugt von der Freiheit der Märkte, sein Land wählte den Sozialismus. Also blieb ihm nur die Opposition, die ihn ins Gefängnis führte. Nach Wochen der Ungewissheit besorgte ihm ein wohlhabender Onkel Ausreisepapiere, die ihn nach Deutschland brachten. Er ist ein politisch Verfolgter, der seit langer Zeit leidenschaftlich Deutsch lernte. Ein Kaufmann mit Ambitionen. In Deutschland wird er von A nach B geschickt, landet in Iserlohn. Ein Blick, die große Liebe – und fertig. Anke und Thomas treffen sich und bekommen einen gemeinsamen Sohn. Wie gesagt: 10 Jahre in 10 Wochen. Und: „Ich hatte doch keine Lust hochschwanger zu heiraten.“ Dann aber heiraten sie 1997 doch noch und lernen sich endlich kennen. Er, der Mann aus einem Kulturkreis, in dem Frauen und Männer wenig miteinander zu tun haben, die Frauen dafür mit ihren Müttern und Schwestern für die Kinder zuständig sind. Er, der den beruflichen Stolz hochhält. Er wird seine Frau der Familie vorstellen, wenn der Erfolg da ist.

Aktives Leben

Guinea liegt neben der Elfenbeinküste, am Senegal. Es gibt Menschen, die dort Urlaub machen. Anke war bis heute nicht da. Thomas ist im Winter 2020 seit 2,5 Jahren ohne Unterbrechung in diesen afrikanischen Ländern unterwegs und bereitet seinen – ihren – wirtschaftlichen Durchbruch vor. Die beiden treffen sich währenddessen via Skype, sprechen in einem Mischmasch aus Deutsch und Französisch über WhatsApp. Der Kontakt ist da. Aber Westafrika ist weit weg. „Ich weiß nicht, ob er mir wirklich treu ist. Ich weiß aber, dass wir beide keine Lust auf Experimente haben. Darauf verlasse ich mich.“ Anke ist seit 24 Jahren Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde in Bottrop. Sie ist eine handfeste Macherin. Eine mit vielen großen Ideen. Eine, die ganz und gar glaubt. Eine, die auch vor ihrer Ehe Freunde hatte und ein Leben lebte. Jetzt lebt sie für die Gemeinde, ist für ihren Sohn da, ist geborgen in ihrer großen Herkunftsfamilie und hält einen Platz frei für Thomas.

Volles Leben

Hildegard Knef wünschte sich einst im 3/4tel Takt, dass es erstens für sie rote Rosen regnet, sie zweitens nicht allein sein will und drittens doch gerne frei ist. Ankes Lebensplan sieht ähnlich aus. Es ist ein eigenwilliger Spannungsbogen, der sich in einem ganzen Leben entspinnt. Von außen scheint er zum Bersten gespannt. Und dann lehnt sie sich entspannt zurück und liest erst die taz und dann die WAZ. Die Welt ist hier und heute. Die Liebe auch.

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Herausgeber:
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V.i.S.d.P.:
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Redaktion:
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M. Bokelmann (Öffentlichkeitsreferent)

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