einwort

einwort ist das Magazin der Evangelischen Kirchengemeinde Bottrop. Für jede Ausgabe wählen wir ein Wort, dessen Breite und Länge und Tiefe und Höhe wir ausloten. Wir glauben, dass ein Wort die Seele gesund machen kann. Auf der Suche nach den richtigen Wörtern erzählt einwort von Gott und der Welt. Denn am Anfang von allem war das Wort, und das Wort war bei Gott.

„Manchmal weiß er, wer ich bin!“

von Ev. Kirchengemeinde Bottrop

Sylvia Stender (41) sitzt neben ihrem Opa und spricht zu ihm. Er erwidert wenig, blickt zu Boden, dann sieht er auf und lächelt sie an. Der 91-Jährige lebt seit zweieinhalb Jahren in der Demenz-WG der Diakonie in Bottrop. Hier funktioniert Kommunikation anders. Früher war Wolfgang Gasch Bergmann am Schacht 9 in Grafenwald, dort hat er auch gelebt. 2002 starb eine von zwei Töchtern, seitdem waren er und seine Frau Teil der evangelischen Kirchengemeinde, nahmen an den Frühstückstreffs teil, besuchten die Gottesdienste und er auch den Männertreff der Kirche. 2015 stellten die Ärzte dann erste Demenz-Symptome bei ihm fest. Ein Jahr später starb seine Frau. Mit der jungen Diagnose und von zunehmenden Schüben gezeichnet, lebte er fortan bei seiner zweiten Tochter, die schließlich 2020 verstarb. Nun blieb nur noch eine Möglichkeit: die Demenz-WG.

„Es ist schon ziemlich schmerzhaft zu sehen, wie er immer weiter vergisst. Am Ende ist es nur traurig, weil ich ihn ganz anders kenne. Er war immer aktiv, ist viel gelaufen und viel Rad gefahren. Ich merke auch, wie schwer es ihm fällt, dass er nur noch wenig alleine kann”, beschreibt die Enkelin seine Lebenssituation. Demenz ist ein Sammelbegriff für viele Erkrankungssymptome des Gehirns, die eine Verschlechterung der geistigen Fähigkeiten beschreiben. Es gibt rund 50 Arten der Demenz, die weitaus häufigste die Alzheimer-Demenz. In alltäglichen Situationen merkt der Betroffene sehr früh, dass ihm etwas nicht mehr gelingt, die Worte fehlen, die Erinnerung versiegt. „Das macht die Menschen natürlich auch unglücklich, manchmal sogar wütend. Und ja, das ist im Grunde völlig normal, weil hier die Autonomie des Individuums schwindet”, erklärt die Hausleitung der WG, Nicole Baltes.

Der eine Blick zielt bei der Demenz auf die Defizite, auf das, was der erkrankte Mensch nicht mehr kann. Aber gibt es vielleicht auch etwas, das hinzukommt? „Mein Opa wird sensibler. Wenn ich ihm zum Beispiel sage, wie lieb ich ihn habe, dann kommt zwischendurch mal ein ,Ich hab dich auch lieb!ʼ Und das kannte ich vorher nicht”, sagt Stender. Die Tage, an denen es Wolfgang Gasch gut geht, überwiegen bei Weitem, erzählt seine Enkelin weiter. Und trotzdem gibt es auch die dunklen, unzufriedenen Momente. Die Demenz beflügelt sie beinahe. „Dann wird er fast fremd, weil ich ihn so nicht kenne.” Auch deshalb genießt sie die gemeinsame Zeit, die ihnen noch bleibt. Eine bewusste Zeit, voller Wertschätzung, in der die beiden einfach nur eine kleine Familie im Hier und Jetzt sind.

In Deutschland sind etwa 1,8 Millionen
Menschen von einer Demenzerkrankung
betroffen. Einer von ihnen ist der
Bottroper Wolfgang Gasch.

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