einwort

einwort ist das Magazin der Evangelischen Kirchengemeinde Bottrop. Für jede Ausgabe wählen wir ein Wort, dessen Breite und Länge und Tiefe und Höhe wir ausloten. Wir glauben, dass ein Wort die Seele gesund machen kann. Auf der Suche nach den richtigen Wörtern erzählt einwort von Gott und der Welt. Denn am Anfang von allem war das Wort, und das Wort war bei Gott.

Whatever happens, just keep smiling

von Ev. Kirchengemeinde Bottrop

Dr. Benjamin Eisenberg

Seit vielen Jahren 25 geblieben / Bottroper Kabarettist
{ Kammerkonzertsaal, Bottrop }

Um es auf den Punkt zu bringen: Ich finde das Gendern albern, wobei die Themen politische Korrektheit und die Grundidee unzweifelhaft gut sind. Ich möchte auch nicht, dass Menschen für irgendwelche Merkmale diskriminiert werden. Ich glaube aber, dass eine Änderung der Sprache die Realität nicht ändert. Und das hat sich auch mit einer Frau als Ex-Bundeskanzlerin nicht geändert. Frauen verdienen beispielsweise immer noch zu wenig. Also: Setzt die Gleichberechtigung endlich durch. Frauen bekommen das Gleiche wie Männer. Basta. Für mich stellt sich die Frage heutzutage gar nicht mehr.

Aus meiner Sicht erreicht man mit dem Gendern sogar das genaue Gegenteil. Wenn man den Leuten vorschreibt, ihr müsst so oder so reden, dann entwickeln sie eine Antihaltung, bei der sie erst recht nicht mitmachen. Das ist zumindest meine Erfahrung. Außerdem kenne ich viele Frauen, die selbst die Augen verdrehen, wenn jemand gendert. Zumindest die legen da keinen Wert drauf. Es gibt übrigens Studien, nach denen 71 Prozent der Deutschen das Gendern ablehnen. Also schreibt es ihnen nicht vor. Die meisten wollen es einfach nicht.

Wenn ich möchte, dass alle gleich sind, warum brauche ich dann eine besondere Grammatik für diese Gruppen? Für die geschlechtsneutrale Darstellung haben wir das generische Maskulinum. Wie viele Minderheiten will man denn noch extra benennen? Wie viele Sonderzeichen will ich noch einführen? Da gibt es Menschen, die ihre Hautfarbe mit ihrem Zeichen definiert haben wollen. Und dann? Ich habe rote Haare, ich will auch ein Extra-Zeichen?

Was bringt es den Frauen in Deutschland, wenn öffentlich gegendert wird und sie zu Hause immer noch das Klo putzen müssen? Die Realität ändert sich dadurch überhaupt nicht.

Ich als Kabarettist thematisiere die Genderthematik natürlich in meinem Programm und spreche mich auch dort öffentlich dagegen aus. Ich kann es kurz skizzieren: Es fing damit an, dass man erst „Bürgerinnen und Bürger“ sagte. Das ist auch völlig in Ordnung, auch wenn es bereits in der Schriftsprache umständlich wird. Dann kamen Schrägstrich und Bindestrich dazu, um das Anhängsel „-innen“ dahinter zu schreiben. Das war eine Zeit lang okay, und dann hat man das -Innen eingeführt, worauf nach einiger Zeit tatsächlich das Argument kam, dieses sei sexistisch, weil das große I ein Phallussymbol darstelle. Bei solchen Argumentationen schalte ich echt ab, weil ich vernünftig reden möchte. Und dann hat man irgendwann das Sternchen in den Diskurs geworfen. Mittlerweile ist man beim Doppelpunkt angekommen, weil er für die Blindenschrift und auch für die maschinelle Verarbeitung einfacher ist. Und das ist auch für mich übrigens die erträglichste Form. Albern ist sie trotzdem.

 

Prof. Dr.-Ing. Susanne Staude

51 Jahre / Präsidentin der Hochschule Ruhr West (Bottrop + Mülheim)
{ Campus Mülheim }

Finde ich das Gendern gut? Nun, ich bin eine Befürworterin des Genderns. „Gut“ klingt so ähnlich wie „schön“, und schön finde ich das Gendern oftmals nicht. Praktischer wäre es, wir würden in England wohnen, dann müssten wir uns viel weniger Gedanken machen, weil die Geschlechterzuordnung dort höchstens in den Personalpronomen auftaucht.

Ich bin Ingenieurin, und wenn wir über Ingenieure sprechen, dann assoziieren wir damit vor allem Männer. Das ist wissenschaftlich auch seit Langem nachgewiesen. Man kann argumentieren, dass das generische Maskulinum grammatikalisch was ganz anderes ist als das Geschlecht von Personen. Aber das trennt unser Kopf nicht. Unsere Assoziationen folgen nun mal keiner sprachwissenschaftlichen Abhandlung, sondern wir assoziieren frei. Da sind Ingenieure Männer, egal, ob wir Frauen mitmeinen oder nicht.

Es gibt umgekehrt Berufe, die früher nur in der weiblichen Form auftraten, zum Beispiel die Krankenschwester. Seitdem wir wollen, dass mehr Männer in diesem Bereich arbeiten, sprechen wir nicht mehr von der Krankenschwester, sondern vom Krankenpfleger. Das ist doch skurril. Wenn wir auch Männer ansprechen wollen, dann gibt es auf einmal einen männlichen Ausdruck, aber andersherum ist es nicht möglich?

Ein Beispiel aus eigener Erfahrung: Als ich hier als Präsidentin anfing, wurde ich einem Lehrbeauftragten nur mit meinem Namen und ohne Titel und Funktion vorgestellt. Und der wollte mir erst einmal irgendwelche Papiere geben, damit ich diese als Sekretärin für ihn sortiere. Das war 2010. Diese Stereotypen existieren noch. Ich glaube, wenn wir die aufbrechen wollen, dann auch über die Sprache. Ich kann nachvollziehen, dass einem das mit Sternchen, Strich oder großem I hässlich vorkommt. Ich finde aber die geschriebene Form mit Doppelpunkt eigentlich ganz nett. Und wir als Hochschule machen das konsequent.

Übrigens können wir unseren Lehrenden nicht vorschreiben, wie sie sprechen, dann müssten wir ja jede Äußerung kontrollieren. Das geht gar nicht. Aber wir haben natürlich eine Haltung, in der wir respektvoll mit allen umgehen. Dazu gehört für mich, dass wir wirklich versuchen, alle Menschen einzubeziehen.

Ich mache es meistens so, dass ich beides ausspreche, manchmal auch mit Genderpause – also: Student(Pause) innen. Das fällt mir auch noch ein bisschen schwer, ist aber reine Übungssache. Ich finde es übrigens am elegantesten, wenn man versucht, Wörter zu vermeiden, die geschlechtsspezifisch sind. Wir reden also nicht mehr von StudentInnen, sondern von Studierenden. Dann ist es egal. Und ich spreche auch nicht mehr von ProfessorInnen, sondern von Profs, das ist schön einfach. Da kann man ruhig ein bisschen kreativ sein.

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