Gottesdienst am Sonntag "Invocavit"

Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er die Werke des Teufels zerstöre.

1. Joh 3,8b

Liebe Gemeinde,

der Sonntag Invocavit („Er ruft mich an“ Psalm 91,15) trägt seinen Namen vom Psalm des Sonntags her:

„Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe. Denn er errettet dich vom Strick des Jägers und von der verderblichen Pest. Er wird dich mit seinen Fittichen decken, und Zuflucht wirst du haben unter seinen Flügeln. Seine Wahrheit ist Schirm und Schild, dass du nicht erschrecken musst vor dem Grauen der Nacht, vor den Pfeilen, die des Tages fliegen, vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt. Denn der Herr ist deine Zuversicht, der Höchste ist deine Zuflucht. Es wird dir kein Übel begegnen, und keine Plage wird sich deinem Hause nahen. Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest. Über Löwen und Ottern wirst du gehen und junge Löwen und Drachen niedertreten. »Er liebt mich, darum will ich ihn erretten; er kennt meinen Namen, darum will ich ihn schützen. Er ruft mich an, darum will ich ihn erhören; ich bin bei ihm in der Not, ich will ihn herausreißen und zu Ehren bringen. Ich will ihn sättigen mit langem Leben und will ihm zeigen mein Heil.“

Auch das Lied des Sonntags hat seinen Ursprung in diesem Psalm:

Ein feste Burg (siehe das Bild mit der Wartburg…) ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen. Er hilft uns frei aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen. Der alt böse Feind mit Ernst er’s jetzt meint; groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist, auf Erd ist nicht seinsgleichen. / Mit unsrer Macht ist nichts getan, wir sind gar bald verloren; es streit’ für uns der rechte Mann, den Gott hat selbst erkoren. Fragst du, wer der ist? Er heißt Jesus Christ, der Herr Zebaoth, und ist kein andrer Gott, das Feld muss er behalten.

Die Thomaner singen es so: https://www.youtube.com/watch?v=E969xwHA91E


 

Zur Predigt das Wort aus dem Johannesevangelium Kapitel 13:

(liegt auch als Audio-Datei von Matthias Overath vor)

 

„Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Einer unter euch wird mich verraten.

22 - Da sahen sich die Jünger untereinander an, und ihnen wurde bange, von wem er wohl redete.

23 - Es war aber einer unter seinen Jüngern, der zu Tische lag an der Brust Jesu, den hatte Jesus lieb.

24 - Dem winkte Simon Petrus, dass er fragen sollte, wer es wäre, von dem er redete.

25 - Da lehnte der sich an die Brust Jesu und fragte ihn: Herr, wer ist’s?

26 - Jesus antwortete: Der ist’s, dem ich den Bissen eintauche und gebe. Und er nahm den Bissen, tauchte ihn ein und gab ihn Judas, dem Sohn des Simon Iskariot.

27 - Und nach dem Bissen fuhr der Satan in ihn. Da sprach Jesus zu ihm: Was du tust, das tue bald!

28 - Niemand am Tisch aber wusste, wozu er ihm das sagte.

29 - Denn einige meinten, weil Judas den Beutel hatte, spräche Jesus zu ihm: Kaufe, was wir zum Fest nötig haben!, oder dass er den Armen etwas geben sollte.

30 - Als er nun den Bissen genommen hatte, ging er alsbald hinaus. Und es war Nacht.“

Was du tust, das tue bald. Als er aufbricht, denken die anderen, er gehe noch Einkaufen für den Herren oder dass er den Armen etwas bringen würde.

Mit dem letzten Bissen im Mund verlässt er den Tisch, den Raum, tritt vor die Tür. Seine Schritte hallen wider von den anderen Häusern. Er wird nicht zurückkehren. Die Nacht nimmt ihn auf. Endlich ist er allein. Weg von den anderen. Er hat es nicht mehr ausgehalten. Es war ihm zu eng. Zu dicht. Zu nah. Er hat Angst vor dem, was jetzt kommt. Angst vor dem, was nun geschehen muss.

Beim Essen hatte Jesus gesagt: Einer unter euch wird mich verraten. Und dabei sein Blick. Ahnte er etwas? Judas will kein Handlanger des Teufels sein. Er will, dass das Reich jetzt anbricht. Sein Reich. Das römische Reich muss aus dem Land vertrieben werden und er macht den Unterschied, will die Dinge nur beschleunigen. Er, der Judas Iskariot verkauft Jesus. Jetzt ist es Nacht. Und Jesus wird bald gefangengenommen.

Den Jüngern ist sein Verschwinden nicht weiter aufgefallen. Aber die Worte über den bevorstehenden Verrat hallen nach. Lähmen die Gedanken. Gehöre ich, Herr, zu den Guten? Herr, bin ich´s? Was für eine Frage. Eine Frage für heute. Eine Frage für Dich und mich?

Verrat ist immer ein harter Vertrauensbruch und der Verrat des Judas wiegt umso schwerer, weil er mit am Tisch saß. Was bleibt ist die bittere Erkenntnis, dass nicht einmal ein Platz am Tisch des Herrn vor Verrat schützt. Nähe schützt nicht. Judas ist dabei bloß der Anfang. In der Geschichte der Kirche wird das immer wieder deutlich.

Der Verrat kommt aus der Mitte. Nicht nur beim letzten Abendmahl. Nie war die Kirche eine Gemeinschaft der Reinen und Sündlosen. Alle Überheblichkeit ist unangebracht. Wohl aber Zittern und die Erkenntnis: Der Verrat des Judas war bloß der Anfang. Herr bin ich‘s? Am Ende bleibt nur diese eine Bitte: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Ohne bleibt es finster.

Jesus sitzt am Tisch. So wie er immer ist, unberechenbar gütig, unberechenbar barmherzig, unberechenbar gnädig, schaut er sich um. Er sieht seinen Jüngern der Reihe nach in die Augen. Er wartet ab. Er weiß, was geschehen wird, weiß, wer ihn verraten wird. Er kennt den Riss, der durch Judas hindurch geht. Er sieht seinen Schmerz, seine Verzweiflung. Seine Enttäuschung. Er sieht das Dunkle in seinen Augen. Die Nacht, die auch seine ist. Und er reicht Judas das Brot. Sein Blick ist freundlich. Am Kreuz wird Jesus beten: „Vater, vergib ihnen.“ Für Judas, für die ganze Kirche, für dich und für mich bleibt das zu hoffen.

Amen.

 

Ein Lied von Gerhard Schöne aus Meißen: „Setz dich zu mir, Bruder Judas. Nimm vom Hals das Seil! Wisch die Tränen von den Wangen. `s ist genug kaputt gegangen und wird nicht mehr heil. Mißtraun hast du wie ein Unkraut zwischen uns gestreut. Jugend aus dem Land getrieben, eingelocht und aufgerieben, viele gute Leut\'. Trankst als einer meiner Freunde Brüderschaft mit mir. Hast in meiner Post gelesen, hinterm Telefon gesessen, gingst durch meine Tür. Dann verfaßtest du Berichte, knüpftest einen Strick. Daraus wuchs ein Netz von Schlingen. Manchen, die sich drin verfingen, brach es das Genick. - Schutzlos stehst du jetzt am Pranger. Man darf dich bespein. Die sonst nie den Mund auftaten, niemals aus dem Schatten traten, werfen ihren Stein. Nimm ein heißes Bad und schrubb` dich! Bist noch lang nicht rein.Lern bereun, ich lern vergeben, müssen doch zusammen leben. Judas, Brüderlein.“

Quelle: https://www.youtube.com/embed/_Ra-WEJOGRI

 

Ihnen und Euch einen gesegneten Sonntag.

 

 

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