16. Sonntag nach Trinitatis

16. Sonntag nach Trinitatis 2021 (19.09.2021)
Gottesdienst in der Martin-Luther-Kirche um 10:30 Uhr

 

Wochenspruch:

Christus Jesus hat dem Tode die Macht genommen und das Leben und ein unvergängliches Wesen ans Licht gebracht durch das Evangelium. 2. Tim 1,10b

 

Lied:

Morgenlicht leuchtet, rein wie am Anfang. Frühlied der Amsel, Schöpferlob klingt. Dank für die Lieder, Dank für den Morgen, Dank für das Wort, dem beides entspringt.

 

Verse aus Psalm 68:

Die Gerechten freuen sich und sind fröhlich vor Gott und freuen sich von Herzen. Singet Gott, lobsinget seinem Namen! Macht Bahn dem, der auf den Wolken einherfährt; er heißt HERR. Freuet euch vor ihm! Ein Vater der Waisen und ein Helfer der Witwen ist Gott in seiner heiligen Wohnung. Ein Gott, der die Einsamen nach Hause bringt, der die Gefangenen herausführt, dass es ihnen wohlergehe; aber die Abtrünnigen bleiben in dürrem Lande. Gelobt sei der HERR täglich. Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch. Wir haben einen Gott, der da hilft, und den HERRN, einen Herrn, der vom Tode errettet. Gebt Gott die Macht! Seine Herrlichkeit ist über Israel und seine Macht in den Wolken. Zu fürchten bist du, Gott, in deinem Heiligtum. Er ist Israels Gott.

Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Amen.

 

Evangelium Joh 11:

1 Es lag aber einer krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf Marias und ihrer Schwester Marta.

2 Maria aber war es, die den Herrn mit Salböl gesalbt und seine Füße mit ihrem Haar getrocknet hatte. Deren Bruder Lazarus war krank.

3 Da sandten die Schwestern zu Jesus und ließen ihm sagen: Herr, siehe, der, den du lieb hast, liegt krank.

17 Da kam Jesus und fand Lazarus schon vier Tage im Grabe liegen.

18 Betanien aber war nahe bei Jerusalem, etwa fünfzehn Stadien entfernt.

19 Viele Juden aber waren zu Marta und Maria gekommen, sie zu trösten wegen ihres Bruders.

20 Als Marta nun hörte, dass Jesus kommt, ging sie ihm entgegen; Maria aber blieb im Haus sitzen.

21 Da sprach Marta zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben.

22 Aber auch jetzt weiß ich: Was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben.

23 Jesus spricht zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen.

24 Marta spricht zu ihm: Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am Jüngsten Tage.

25 Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe;

26 und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das?

27 Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommt. Es war aber eine Höhle, und ein Stein lag davor.

39 Jesus spricht: Hebt den Stein weg! Spricht zu ihm Marta, die Schwester des Verstorbenen: Herr, er stinkt schon; denn er liegt seit vier Tagen.

40 Jesus spricht zu ihr: Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen?

41 Da hoben sie den Stein weg. Jesus aber hob seine Augen auf und sprach: Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast.

42 Ich wusste, dass du mich allezeit hörst; aber um des Volkes willen, das umhersteht, sagte ich's, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast.

43 Als er das gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus!

44 Und der Verstorbene kam heraus, gebunden mit Grabtüchern an Füßen und Händen, und sein Gesicht war verhüllt mit einem Schweißtuch. Jesus spricht zu ihnen: Löst die Binden und lasst ihn gehen!

45 Viele nun von den Juden, die zu Maria gekommen waren und sahen, was Jesus tat, glaubten an ihn.

 

Lied: 1:

Jesus lebt, mit ihm auch ich! Tod, wo sind nun deine Schrecken? Er, er lebt und wird auch mich von den Toten auferwecken. Er verklärt mich in sein Licht; dies ist meine Zuversicht.

 

Predigtauszug zu Versen aus den Klageliedern, Kapitel 2:

22 Die Güte des HERRN ist's, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende,

23 sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß.

24 Der HERR ist mein Teil, spricht meine Seele; darum will ich auf ihn hoffen.

25 Denn der HERR ist freundlich dem, der auf ihn harrt, und dem Menschen, der nach ihm fragt.

26 Es ist ein köstlich Ding, geduldig sein und auf die Hilfe des HERRN hoffen.

31 Denn der Herr verstößt nicht ewig;

32 sondern er betrübt wohl und erbarmt sich wieder nach seiner großen Güte.

 

„Klag´ nicht immer so!“, so sagen wir schon mal zu einem Menschen, der seiner Unzufriedenheit oder Traurigkeit freien Lauf lässt. Und in Gedanken schieben wir, wenn wir besonders genervt sind, ein „Jammerlappen“ hinterher.

Ist Ihnen und euch auch schon mal aufgefallen, dass wir möglichst versuchen, NICHT zu klagen? - „Wie geht es dir?“, frage ich die Nachbarin, die ich längere Zeit nicht gesehen habe. Und was sagt diese? „Och, ich kann nicht klagen.“ Dies sagt sie aber bisweilen mit einem Tonfall, der mir zeigt, dass da doch etwas im Argen liegt.

Warum lassen wir das Jammern und Klagen eigentlich nicht zu? Wir wissen doch, dass es nicht gut ist, alles zu verdrängen. Es scheint an unserer Kultur zu liegen. An den Erwartungen, die die Gesellschaft an uns stellt. Denn in anderen Kulturen läuft es häufig anders.

Wir haben es irgendwie verlernt zu klagen, Schmerz oder Trauer zuzulassen. Stattdessen fressen wir lieber alles in uns hinein und suchen einen Schuldigen, den wir für unsere Misere verantwortlich machen können: den Expartner, der doofe Lehrer, der neue Kollege, notfalls Gott.

Ganz anders der Mann, von dem unser Predigttext stammt. Der hatte auch durchaus was zu beklagen: Die Eroberung Jerusalems durch die Babylonier mit der Zerstörung des Tempels und der Deportation der Jerusalemer Oberschicht ins Exil ist neben Bundesschluss und Exodus DAS zentrale Ereignis in der Geschichte Israels. Im Exil leben zu müssen, weil das Volk Israel gefehlt hatte, gerade die Oberschicht, und nicht zurückzukönnen in die Heimat, das gab genug Anlass zur Klage: Mit der Gewissheit leben zu müssen, dass der Tempel zerstört war, der Ort, an dem Jahwe zu Hause war. Mit der Ratlosigkeit leben zu müssen, wie es denn nun weitergehe mit dem jüdischen Volk. Ob es eine Zukunft hat oder dessen Existenz auf dem Spiel steht.

Unser Autor verzweifelt nicht an der Situation. Er sucht nicht nach Antworten auf seine Fragen nach dem Warum und Wozu, auf die er keine Antworten bekommt. Er versucht diese Situation auszuhalten. Nicht unbedingt für gut zu heißen, sondern sie einfach nur auszuhalten. Er lässt Schmerz und Sorge zu. Er hat nicht verlernt zu klagen. Und er sucht den Kontakt zu Gott. Er vertraut sich ihm dennoch an und erfährt so Trost und eine Zuversicht, die ihn dermaßen überzeugt, dass er sie weitererzählen will. Und wir dürfen sie lesen. Mit diesen in lyrische Form gefassten Worte verhält es sich wie mit überlieferten Gebeten. Die einen Menschen klagen und beten mit ihren eigenen Worten. Andere finden sich eher in Worten wieder, die schon andere Menschen gesprochen haben. So lesen bis heute orthodoxe Juden wöchentlich an der Jerusalemer Klagemauer, der Mauer, die von dem besagten zerstörten Tempel übriggeblieben ist und geben ihrer Klage über den zerstörten Tempel bis heute Ausdruck. – Wie gut, dass es so viele Formen des Gebetes gibt. Und wie gut, dass Gott sie alle hört. Gott möchte, dass wir den Kontakt zu ihm suchen, in Freud und in Leid, komme, was da wolle. An unserem Autoren sehen wir, wie heilsam es sein kann, Klagelieder zu singen, zu lesen, zu schreiben. Denn in ihnen richte ich meinen Blick auf mich und mein Empfinden und auf Gott. Ich darf ihm alles erzählen, auch klagen. Und gespannt darf ich auf seine Antwort lauschen, die mir Trost und eine Perspektive gibt. Und das darf ich zu Hause und hier in der Kirche und auch meinem Gesprächspartner gegenüber. Und genauso darf ich meinem beladenen Gegenüber dazu einladen, dies auch zu tun und dabei von meinen guten Erfahrungen berichten.

 

Lied:

Danket dem Herrn! Wir danken dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich, sie währet ewiglich, sie währet ewiglich.

 

Fürbitten und Vaterunser


Segen:

Der Herr segne dich und behüte dich

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig.

Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden.

Amen.


Wir wünschen einen gesegneten Sonntag!


Friederike Vethacke

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