Karfreitag

Liebe Gemeinde!

Gekreuzigt, gestorben und begraben: am Karfreitag gedenken Christen des Todes Jesu.

Zur Gottesdienstzeit um 10:30 Uhr werden die Glocken der Martin-Luther-Kirche erklingen. Auch wenn die Gemeinde nicht vor Ort dabei sein darf, kann sich jeder mit den folgenden Elementen zur gleichen Zeit oder auch später innerlich beteiligen:

Die Osterkerze bleibt an diesem besonderen Tag unangezündet.

Wochenspalm: Psalm 22, 2-9.12.16.19-20

2 Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne.

3 Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht, und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe.

4 Aber du bist heilig, der du thronst über den Lobgesängen Israels.

5 Unsere Väter hofften auf dich; und da sie hofften, halfst du ihnen heraus.

6 Zu dir schrien sie und wurden errettet, sie hofften auf dich und wurden nicht zuschanden.

7 Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott der Leute und verachtet vom Volk.

8 Alle, die mich sehen, verspotten mich, sperren das Maul auf und schütteln den Kopf:

9 »Er klage es dem Herrn, der helfe ihm heraus und rette ihn, hat er Gefallen an ihm.«

12 Sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe; denn es ist hier kein Helfer.

16 Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe, und meine Zunge klebt mir am Gaumen, und du legst mich in des Todes Staub.

19 Sie teilen meine Kleider unter sich und werfen das Los um mein Gewand.

20 Aber du, Herr, sei nicht ferne; meine Stärke, eile, mir zu helfen! du hast mich erhört!

 

Das Lied „O Haupt voll Blut und Wunden“ (EG 85) erklingt von der Orgel:

1.

O Haupt voll Blut und Wunden, voll Schmerz und voller Hohn,
o Haupt, zum Spott gebunden mit einer Dornenkron,
o Haupt, sonst schön gezieret mit höchster Ehr und Zier,
jetzt aber hoch schimpfieret: gegrüßet seist du mir!

 

(Quelle: YouTube https://www.youtube.com/watch?v=nb45ThWjFaA)

 

Alttestamentliche Lesung: Jesaja 52,13–15; 53,1–12

Evangelium: Johannes 19, 16-30

16 Pilatus überantwortete ihnen Jesus, dass er gekreuzigt würde. Sie nahmen ihn aber,

17 und er trug selber das Kreuz und ging hinaus zur Stätte, die da heißt Schädelstätte, auf Hebräisch Golgatha.

18 Dort kreuzigten sie ihn und mit ihm zwei andere zu beiden Seiten, Jesus aber in der Mitte.

19 Pilatus aber schrieb eine Aufschrift und setzte sie auf das Kreuz; und es war geschrieben: Jesus von Nazareth, der Juden König.

20 Diese Aufschrift lasen viele Juden, denn die Stätte, wo Jesus gekreuzigt wurde, war nahe bei der Stadt. Und es war geschrieben in hebräischer, lateinischer und griechischer Sprache.

21 Da sprachen die Hohenpriester der Juden zu Pilatus: Schreibe nicht: Der Juden König, sondern dass er gesagt hat: Ich bin der Juden König.

22 Pilatus antwortete: Was ich geschrieben habe, das habe ich geschrieben.

23 Die Soldaten aber, da sie Jesus gekreuzigt hatten, nahmen seine Kleider und machten vier Teile, für jeden Soldaten einen Teil, dazu auch den Rock. Der aber war ungenäht, von oben an gewebt in einem Stück.

24 Da sprachen sie untereinander: Lasst uns den nicht zerteilen, sondern darum losen, wem er gehören soll. So sollte die Schrift erfüllt werden, die sagt (Psalm 22,19): »Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und haben über mein Gewand das Los geworfen.« Das taten die Soldaten.

25 Es standen aber bei dem Kreuz Jesu seine Mutter und seiner Mutter Schwester, Maria, die Frau des Klopas, und Maria Magdalena.

26 Als nun Jesus seine Mutter sah und bei ihr den Jünger, den er lieb hatte, spricht er zu seiner Mutter: Frau, siehe, das ist dein Sohn!

27 Danach spricht er zu dem Jünger: Siehe, das ist deine Mutter! Und von der Stunde an nahm sie der Jünger zu sich.

28 Danach, als Jesus wusste, dass schon alles vollbracht war, spricht er, damit die Schrift erfüllt würde: Mich dürstet.

29 Da stand ein Gefäß voll Essig. Sie aber füllten einen Schwamm mit Essig und legten ihn um einen Ysop und hielten ihm den an den Mund.

30 Da nun Jesus den Essig genommen hatte, sprach er: Es ist vollbracht. Und neigte das Haupt und verschied.

Predigttext (=Epistel): 2. Korinther 5, (14-18) 19-21

 

Gedanken zum Predigttext:

Gesprochen von Andreas Deppermann:

„Wir sind heute zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen, dass (...) Ihre Ausreise...“

Die Älteren werden sich erinnern: Mit diesem Satz, dessen Rest im ohrenbetäubenden Jubel unterging, verkündete der damalige Außenminister Hans-Dietrich Genscher 1989 auf dem Balkon der Botschaft der Bundesrepublik in Prag, dass Tausende dorthin geflüchteten DDR-Bürger in den Westen ausreisen dürften. Endlich frei! – nach wochenlangem Eingesperrtsein auf engstem Raum, nach jahrelangem Eingesperrtsein im eigenen Land.

An diesem Karfreitag hören wir auf eine andere Befreiungsrede (2.Korinther 5, 19-21):

Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit ihm selber und rechnete ihnen ihre Sünden nicht zu und hat unter uns aufgerichtet das Wort von der Versöhnung. So sind wir nun Botschafter an Christi statt, denn Gott ermahnt durch uns; so bitten wir nun an Christi statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! Denn er hat den, der von keiner Sünde wusste, für uns zur Sünde gemacht, auf dass wir in ihm die Gerechtigkeit würden, die vor Gott gilt.

Lasst euch mit Gott versöhnen! Das ist der Ruf des apostolischen Botschafters. Das ist die Leitmelodie über diesem Karfreitag.

Es ist zugleich auch eine Leid-Melodie: Wir sollen erkennen, wie unsere Schuldgeschichte eingewoben ist in das Leiden Jesu Christi. Wir sollen begreifen, wie Gott unsere Schuld auflöst, indem er seinem Sohn auflädt, was unser Leben zunichte macht.

In Jesu Sterbensgeschichte, die wir im Evangelium hören, gilt bis zu seinem letzten Atemzug: Hier ist Gott! Diese Sterbensgeschichte ist seine Versöhnungsgeschichte.

„Pilatus überantwortete ihnen Jesus, dass er gekreuzigt würde.“ - Und Gott war in Christus!

„Jesus sprach: Es ist vollbracht. Und neigte das Haupt und verschied.“ - Und Gott war in Christus!

Jesu Leiden, seine Hingabe am Kreuz bewirkt für uns versöhntes Leben, Leben mit Gott. Wer das annimmt und für sich gelten lässt, der kann seinen Blick wieder frei erheben.

Lass dich mit Gott versöhnen!
Du bist nicht mehr gefesselt an deine Vergehen.
Du bist nicht mehr gebunden an dein Vergehen.
Die Ausreise aus dem Alten steht offen. Denn:
„Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden“ (2.Korinther 5,17). Endlich frei! Neuanfang! Versöhnt, erlöst, vergnügt, befreit.
„Wir sind heute zu euch gekommen, um euch mitzuteilen, dass eure Versöhnung...“

Das ist die Botschaft von Karfreitag – nicht weniger Jubel wert als die damaligen Worte des Außenministers.
In Abwandlung des Reformationsliedes „Ein feste Burg ist unser Gott“ (Evangelisches Gesangbuch 362) können wir deshalb in diesen Corona-Tagen vielleicht auch so singen:

Und wenn die Welt voll Viren wär / und wollt uns gar verschlingen,
so fürchten wir uns nicht so sehr, / es soll uns doch gelingen.
Der Fürst dieser Welt, wie sau’r er sich stellt, /
tut er uns doch nicht; das macht, er ist gericht‘:
ein Wörtlein kann ihn fällen.

Amen

 

Der Gottesdienst wird beschlossen mit dem Vater unser.

Gottes Segen
zum Karfreitag!

Andreas Deppermann und
Matthias Overath

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