Sonntagsgedanken

Sie können hier die Sonntagsgedanken nachlesen, die unsere Pfarrer

             

Matthias Overath und Dr. Andreas Deppermann

für die Dorstener Zeitung verfasst haben:

Jan. 2024 - Mit beherzten Schritten

Sonntagsgedanken zum 28. Januar 2024

In dieser Woche hat mich ein merkwürdiger Satz aus einem Musikstück begleitet und bewegt: „So geh ich mit beherzten Schritten, auch wenn mich Gott zum Grabe führt."

Ist das überhaupt möglich, den Weg zum eigenen Grab „mit beherzten Schritten" zu gehen? Erleben wir nicht eher, dass das Sterben ein schwerer Weg für uns Menschen ist, den wir bestenfalls zögerlich und mit bangem Herzen beschreiten oder sogar widerstrebend, voller Angst, uns mit allen Kräften dagegen stemmend? Kann man das Sterben, das wir doch ohnmächtig erleiden müssen, dennoch mutig und beherzt angehen?

Der Komponist Johann Sebastian Bach war offenbar dieser Meinung. Er hat nämlich diesen Satz in seiner Kantate zum vergangenen Sonntag vertont und ihm dabei einen frischen, fast übermütigen Klang verliehen. Man hört in der Melodieführung der Solostimme geradezu diese beherzten Schritte, ein dynamisches Vorwärtsgehen wie bei einem kraftvoll ausschreitenden Wanderer, ja fast ein Hüpfen und Springen, wie bei einem ausgelassenen, unbekümmerten Kind, das fröhlich hopsend auf der Straße seines Weges zieht.

Die Begründung folgt im nächsten Vers: „Gott hat die Tage aufgeschrieben, drum wird, wenn seine Hand mich rührt, des Todes Bitterkeit vertrieben." Es bleibt dabei: Der Tod ist für jeden Menschen etwas Hartes und Bitteres. Aber diese Bitterkeit kann der ermutigenden Einsicht weichen: Gott hat meine Tage aufgeschrieben! Es geht bei ihm nichts verloren. Ich gehe ihm nicht verloren. An seiner Hand, unter seiner Führung laufe ich Tag für Tag. Selbst vor dem Sterben muß mir deshalb nicht bange sein, den Weg zum Grab muß ich nicht in Furcht erstarrt über mich ergehen lassen. Ich werde nicht von einem blinden Schicksal in einen finsteren und bodenlosen Abgrund gestoßen. Sondern ich werde auch hier von liebevoller Hand geleitet. Gott führt mich zum Grabe. Und er führt mich durch seinen Sohn Jesus Christus weiter, geht seinen Weg mit mir ins Licht, zu einem von ihm bestimmten guten Ziel. Deshalb kann ich mir ein Herz fassen und auch die letzten irdischen Schritte an seiner Hand bewältigen, fröhlich und unbekümmert. Solche „beherzten Schritte" meint Jesus, wenn er uns auffordert, ihm zu folgen: „Wer mir nachfolgt, wird nicht im Finstern wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben."

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

 

Dez. 2023 - Offene Türen zum Leben

Sonntagsgedanken zum 1. Advent 2023

„Macht hoch die Tür...“

Genau 400 Jahre ist es her. Die Adventszeit des Jahres 1623 beginnt. Am äußersten östlichen Rand Preußens, in Königsberg, soll eine neue Kirche festlich eingeweiht werden. Um den hohen Anlass zu würdigen, setzt sich der dortige evangelische Pfarrer Georg Weissel hin und schreibt ein neues Kirchenlied. Als Grundlage wählt er ein Zitat aus Psalm 24, den Martin Luther so übersetzt hatte: „Machet die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe!“ Das passt zur Eröffnung einer neuen Kirche ebenso wie zur Adventszeit.

Weissel ahnt noch nicht, dass seine Gelegenheitsdichtung für die Altroßgärter Kirche ein Klassiker werden wird, der bis zum heutigen Tag gemeinsam gesungen wird: „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit…“.

Für mich beginnt die Adventszeit mit diesem Lied. Gott liebt offene Türen. Aber wie oft sind die „Türen“ in unserer Welt verschlossen. Doch wenn wir es an einer kleinen Stelle schaffen, Menschen Mut zu machen auf dem Weg durch das Leben, wenn wir gemeinsam „Türöffner“ sind, dann bleibt das „Macht hoch die Tür…“ nicht nur ein altes Lied, sondern wirkt, was Gott will. Er will offene Türen zum Leben. „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, es kommt der Herr der Herrlichkeit.“

Begegnung mit diesem Herrn wünsche ich Ihnen im Advent

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Okt. 2023 - Das jüdische Leben schützen!

Sonntagsgedanken vom 21.10.2023

Der 7. Oktober 2023 wird als ein weiterer Tiefpunkt der langen schrecklichen Geschichte von Angriffen und Pogromen gegenüber den Juden in die Geschichtsbücher eingehen. Der terroristische Überfall auf Israel ist gekennzeichnet von unfassbarer, barbarischer Brutalität und Unmenschlichkeit. Er hat unermessliches Leid über Tausende von Familien gebracht, und er wird in einem noch nicht abzuschätzenden Maße weitere Gewalt und Leid für viele Menschen nach sich ziehen. Ein Grund zur Trauer, zur Klage und auch zur Solidarität mit den Angegriffenen und Opfern.

Angesichts dessen ist es schier unerträglich, dass nach diesem Massaker ausgerechnet in Deutschland nun auch noch Menschen jüdischen Glaubens bedroht werden, dass öffentlich auf den Straßen hasserfüllte antijüdische Parolen skandiert und Anschläge auf jüdische Einrichtungen und Gebäude verübt werden.

Alle deutschen Staatsbürger haben eine ganz besondere Verantwortung angesichts der furchtbaren Geschichte des Holocaust, des unter der Nationalsozialistischen Herrschaft im deutschen Namen begangenen Vernichtungsfeldzuges gegen das jüdische Volk. Feindschaft gegenüber Juden darf in unserem Land nicht einmal ansatzweise mehr geduldet werden. Es sollte eine Selbstverständlichkeit sein, dass jüdische Menschen unbehelligt und ohne Sorge hier leben können — und es ist eine Schande, wenn das im Jahr 2023 offensichtlich nicht der Fall ist. Politik, Staat und Gesellschaft müssen alles dafür tun, sich ohne Wenn und Aber schützend vor das jüdische Leben in Deutschland zu stellen.

Erst recht muss es allen Christen und den Kirchen, die ja eine ganz eigene geschichtliche Erblast der Judenfeindlichkeit tragen, ein Anliegen sein, für ihre jüdischen Geschwister einzustehen und in Wort und Tat, in Gottesdiensten und Gebeten zu ringen um Schutz, Bewahrung vor dem Bösen, Eindämmung der Gewalt, Frieden:

Für ganz Israel, für alle Menschen in einer von Gewalt und Hass vergifteten Region, und auch für unser Land und unsere Stadt. Shalom.

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Juli 2023 - Satt werden am Leib und Seele

Sonntagsgedanken am 30.07.2023

Die Küche ist ein besonderer Ort. Hier entstehen die leckersten Speisen, hier wird gekocht, gebacken und gegessen. Sie ist zudem die Schaltzentrale jeder Familie. An der Pinnwand erinnern Notizen an Termine, die nicht vergessen werden dürfen. Am Kochtopf werden Absprachen getroffen und Vokabeln abgefragt. Kinder erzählen von ihrem Schultag und „beichten“ schlechte Noten. In der Küche wird zwischendurch mit einem Kind, das gerade Langeweile hat, eine Runde Uno gespielt oder alleine oder mit dem Partner zwischendurch eine Tasse Kaffee getrunken.

Und auch Besucher setzen sich nicht direkt ins aufgeräumte Wohnzimmer, sondern steuern zunächst die Küchenbank an, um inmitten von allerlei wichtigen Küchenutensilien, die die Arbeitsflächen vollstellen, direkt die Dinge auszutauschen, die einfach nicht länger warten können.

Die Küche ist der Mittelpunkt des Hauses mit nahezu magischer Anziehungskraft, hier ist meist jemand anzutreffen. Sie ist ein geschützter Raum, in dem auch vertrauensvolle Gespräche geführt werden. Und ähnlich wie die menschliche Seele ist sie auch häufig unaufgeräumt. Vielleicht ist sie gerade deshalb ein so beliebter Ort gerade auch für ernste Gespräche.

Die Küche bietet somit beides. Nahrung für Leib und Seele. Häufig hängen in der Küche auch ermutigende Sprüche: Ein Vers auf dem Kalenderblatt, die Jahreslosung an der Wand, der Segensspruch der Sternsinger in Papierform am Schrank. Sie ist ein Ort der Tischgemeinschaft, die für Jesus ein Bild dafür war, dass das Reich Gottes bereits angebrochen ist. Sie ist ein Ort der Nächstenliebe, der Seelsorge im Alltag. Hier ist Jesus ganz deutlich spürbar.

Pfarrerin Friederike Vethacke (Schulpfarrerin am Petrinum und Pfarrerin in der Ev. Kirchengemeinde Holsterhausen)

 

Juli 2023 - Mut zum Brückenbauen

Sonntagsgedanken vom 01.07.2023

Heute, am 1. Juli, im Jahr 2000, wurde die Öresundverbindung feierlich eröffnet.

Es ist eine lange Brücke über den Öresund und verbindet die dänische Hauptstadt Kopenhagen mit Malmö in Schweden.

Was für ein starkes Zeichen: Eine Brücke verbindet zwei Ländern miteinander. Und wie sehr werden solche sichtbaren und tragfähigen Brücken-Zeichen gerade im Jahr 2023 gebraucht.

Da gibt es ein bewegendes Lied. das wir in den Gottesdiensten oft singen. Das Lied heißt "Herr, gib mir Mut zum Brückenbauen". In der ersten Zeile heißt es dann: "Gib mir den Mut zum ersten Schritt". Sooft fehlt der Mut zum Brücken bauen. Sooft fehlt der Mut zum ersten Schritt.

Beim gemeinsamen Singen wächst immer wieder der Mut zum Brückenbauen. Welche Brücke wollen Sie heute bauen?
Am 1. Juli?

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
März 2023 - Gottes Kraft hilft den schwachen

Sonntagsgedanken vom 11.03.2023

Brrr. Nun hat er uns doch noch einmal erwischt, der Winter. Eigentlich schien das Thema schon abgehakt. Es ist doch schon März. Überall haben sich bereits die ersten Blumen gezeigt und Farbtupfer in Beete und Wiesen gezaubert. Frühling lag in der lauen Luft.

Und jetzt: Eisige Böen, Frostnächte. Schneetreiben. Ich sehe. wie sich Schneeglöckchen und Krokusse in eiskaltem Wind ducken und zum Teil unter einer kleinen Schneedecke nur mühsam noch die Köpfchen emporrecken. Eigentlich ein Wunder, dass sie das überhaupt schaffen und überleben. Es bringt mich zum Staunen, wie diese kleinen zarten Gewächse der späten kalten Winterfrost trotzen und nicht unterzukriegen sind. Da steckt in ihnen eine unerwartete Kraft, die man ihnen vielleicht gar nicht zugetraut hätte, und hält sie am Leben.

Mir kommt bei diesem Anblick auch eine wunderbare Zusage aus dem Buch der Psalmen im Alten Testament in den Sinn. Da heißt es in Psalm 34: "Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüt haben." Gottes Augenmerk gilt also dem Angeschlagenen. Zerbrechlichen. Seine Zuwendung und besondere Liebe gilt den Verzagten, denen, die unter die Räder gekommen sind, denen Unrecht geschieht, die die Faust des Schicksals zu spüren bekommen haben oder sogar vor den Scherben ihres Lebens stehen.

So können die Frühlingsblumen. die sich gegen den späten Wintereinbruch stemmen, auch zu einem ermutigenden Bild für uns werden. Gerade dann, wenn sich vielleicht eine frostige Decke auf unser leben legt, wenn wir verzweifeln und innerlich zu zerbrechen drohen, dann können sie uns darin erinnern: Gottes Kraft wird in dem Schwachen mächtig. Er hört es, wenn die, die in Not sind, zu ihm schreien. Er kann dem Hilflosen auf ungeahnte Weise mit seiner Kraft zur Seite stehen und Leben bewahren. Kein Winter kann ihn dabei aufhalten.

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Feb. 2023 - Alles sauber?

Sonntagsgedanken zum 19.02.2023

Alle reden wieder vom Frühjahrsputz. Haus, Wohnung, Keller – alles soll strahlen, wenn die Sonnenstrahlen die Krokusse aus dem Boden locken.

Aber bis alles strahlt, ist oft ein langer Weg zurückzulegen. Anfangs wienern wir hoch motiviert Fenster und Böden. Doch spätestens dann, wenn es darum geht, in die Kellerschränke Grund zu bekommen, wird es zäh. Lohnen tut sich der Aufwand immer, verschafft es uns doch ein gutes Gefühl, wenn alles ordentlich und sauber an seinem Platz ist.

Warum putzen wir eigentlich im Frühjahr so gründlich, und das seit so langer Zeit? Erste Hinweise auf den Frühjahrsputz finden wir im Zusammenhang mit dem schon vor 3000 Jahren gefeierten altiranischen Neujahrsfest. Und auch die alten Römer, deren Monat Februarius ein Bußmonat war, verbanden mit der rituellen Reinigung oftmals auch die Reinigung der Häuser. In der jüdischen Tradition ist die gründliche Reinigung der Wohnungen als Vorbereitung auf das Passafest unabdingbar.

„Aufgeräumte Wohnung – aufgeräumte Seele“ heißt es. Auch die Seele, unser Innerstes, muss mal durchgelüftet werden. Auch hier lagert sich viel ab, was uns belastend im Wege steht: Sorgen, Ängste, Schuldgefühle.

Die Passionszeit, die am kommenden Aschermittwoch beginnt, lädt uns ein, Frühjahrsputz unserer Seele zu betreiben. Denn als Jesus sich für uns Menschen hingab (Passion heißt Hingabe), tat er das, um unsere Unzulänglichkeiten und unsere Verfehlungen zu sühnen und uns wieder in ein reines Verhältnis zu bringen mit uns und mit Gott.

Los geht´s zum Reinemachen.

 

Pfarrerin Friederike Vethacke (Schulpfarrerin am Petrinum und Pfarrerin in der Ev. Kirchengemeinde Holsterhausen)

 

Jan. 2023 - Und täglich grüßt das Murmeltier

Sonntagsgedanken zum 29.01.2023

„Und täglich grüßt das Murmeltier“: Noch ein paar Stunden, dann wird in einem kleinen US-amerikanischen Städtchen – wie jedes Jahr - ein Murmeltier geweckt, um das Wetter vorherzusagen. Vielleicht kennen Sie den Film dazu. Wir sehen einen genervter Starreporter, der über diesen Tag berichten soll. Als der Tag vorbei ist, ist er einfach nur froh. Aber dann steckt er in einer Zeitschleife fest. Der Murmeltiertag wiederholt sich wieder und wieder. Phil Connors kriegt erst einmal das kalte Grausen. Aber dann lernt er Tag für Tag die Menschen um sich herum besser kennen. Er weiß, wer gleich ausrutschen wird und fängt auf. Wunderbar. Er weiß, wessen Auto nicht anspringt und hilft beim Anschieben. Und langsam entwickelt er einen Blick für die Besonderheiten und Schönheiten der Menschen um sich herum.

Gott verspricht uns: „Schaut her, ich schaffe etwas Neues! Es beginnt schon zu sprießen – merkt ihr es denn nicht?“ Ich wünsche mir mitten im Alltag offenen Augen für das Hoffnungsvolle, was zu sprießen beginnt. Einen offenen Blick für das, was sich verändert, was besser wird und sogar gut. Und Ihnen wünsche ich diesen Blick auch.

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Okt. 2022 - Sorget euch nicht

Sonntagsgedanken zum 09.10.2022

"Sorgt nicht um euer Leben" (Matthäus 6,25) Diese Aufforderung von Jesus kann als Provokation verstanden werden. Schon bei seinen ersten Hörern, die manchmal buchstäblich nicht wussten, ob sie am nächsten Tag etwas zu essen oder anzuziehen haben würden. Und auch in diesen Tagen, wo viele Menschen mit existenziellen Problemen konfrontiert sind, die jahrzehntelang in unserem Land für die meisten verschwunden schienen: Explodierende Preise, besonders für Energie, mögliche Gas- und Stromausfälle, ein Krieg in der europäischen Nachbarschaft, und im Hintergrund immer noch eine bedrohliche Virusepidemie - da sind sorgenvolle Gedanken um die Zukunft in zahlreiche Haushalte eingekehrt.

Trotzdem legt Jesus uns dringend nahe, die Lebenssorge abzulegen. Das heißt nicht, dass wir eine unverantwortliche und leichtsinnige Sorglosigkeit an den Tag legen sollen. Aber es gibt eine Existenzangst, die uns schadet, die die Seele krank macht und fesselt, und die unsere Lebensausrichtung in eine grundsätzlich falsche Richtung lenkt. Deswegen ermutigt uns Jesus, andere Prioritäten zu setzen: "Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit, so wird euch alles andere zufallen." (Matthäus 6,33)

Also: Es gibt etwas, das wichtiger ist als alles andere im Leben, wichtiger sogar als so elementar Notwendiges, wie Essen, Trinken, Kleidung, Heizen. Kümmert euch vorrangig darum, dass ihr euch der Herrschaft Gottes unterstellt. Das ist euer Schöpfer, der Vater im Himmel, der für euch sorgt und alles Leben ermöglicht. Das darfst du nie vor lauter Sorgen vergessen. Sorgt vielmehr dafür, dass du seine Lebensregeln befolgst. Sammle Schätze im Himmel, die nicht verrosten und vergehen. Fokussiere dich auf dein himmlisches Erbe und auf das Leben, das für immer bleibt. Alles andere folgt danach.

Sorgt nicht um euer Leben!" Gerade in kritischen Zeiten ist es heilsam, diese herausfordernde Aufforderung Jesu neu zu bedenken und zu beherzigen.

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Sept. 2022 - Noch erholt?

Sonntagsgedanken zum 11.09.2022

Einen Monat liegen die Sommerferien zurück. Kinder und Jugendliche drücken die Schulbank, Eltern sind lange im Arbeitsalltag angekommen. Senioren spüren, dass alles wieder beim "Alten" ist.

Viele von uns haben im Sommer Urlaub gemacht, in den Bergen, an der See oder irgendwo dazwischen, im Ausland. Was haben wir uns auf unseren Urlaub gefreut, die freien Tage genossen, Fotos gemacht und nach dem Urlaub mehrmals angeschaut. Mal ganz ehrlich: Was ist geblieben von dem Urlaub? Wann haben Sie sich die Fotos zuletzt angeschaut? Ist der Erholungseffekt noch zu spüren oder sind alle Reserven wieder aufgebraucht und Sie fiebern dem nächsten Urlaub gestresst entgegen?
Zu einer zufriedenen Lebenseinstellung gehört mehr als der Erholungseffekt an bestimmten Wochen im Jahr. Wir bedürfen einer soliden und gesunden  Grundeinstellung, die uns regelmäßig den Alltag im Alltag durchbrechen lässt. Dehnübungen am Schreibtisch. Ein Spaziergang in der Mittagspause oder am Abend. Eine ruhige Stunde auf dem Balkon, im Carten oder mit dem Buch auf der Couch. Das Gespräch mit Freunden. Nicht nur am Telefon, sondern von Angesicht zu Angesicht.

Von Jesus wird berichtet, dass er sich immer wieder mal zurückgezogen hat. Vom Volk, von seinen Jüngern. Um innezuhalten, um zu beten, um zu sich und zu Gott zu finden, um neue Kraft zu schöpfen. Auch das gehört dazu, um das eigene Energie- und Ruheniveau zu halten: das Gebet, die Achtsamkeit zu sich, dem Nächsten und zu Gott.

Pfarrerin Friederike Vethacke, Ev. Gemeinde, Holsterhausen

 

Aug. 2022 - Wort zum Samstag 27. 8. '22

Sonntagsgedanken zum 28.08.2022

Liebe Leserinnen und Leser!

Heute Nachmittag erklingen um 17 Uhr in der Martin-Luther-Kirche Lieder von Franz Schubert. Zu hören ist sein Liederzyklus „Die schöne Müllerin“.

Es wird uns von einem Müller-Gesellen erzählt, der auf der Suche ist nach Arbeit und Liebe. Auf der Suche mit dabei ein Bächlein. Diesem Bächlein folgt er. Es zeigt ihm einen Weg. Es führt ihn zu einer Mühle. Zur Arbeit. Zu einer Müllerin. Zur Liebe. Und dann versiegt die Liebe leider schon nach wenigen Strophen wieder.

Zurzeit versiegt so vieles. Zurzeit versiegen auch viele Bäche. Den Rhein habe ich mir vor ein paar Tagen angeschaut. Er rauscht auch nicht mehr. Wüste breitet sich aus.

In einem Lied aus dem Gesangbuch heißt es: „Wende unser Geschick, o Herr Gott! Lass in der Wüste versiegte Bäche neu mit lebendigem Wasser sich füllen.“

Eine gute Bitte. Ein guter Gesang.

Ihnen einen guten Samstag. Mit freundlichem Gruß

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Mai 2022 - Verleih uns Frieden

Sonntagsgedanken zum 08.05.2022

Am 8. Mai 1945 endete der 2. Weltkrieg in Europa. Nach 77 Jahren steht dieser Gedenktag der Befreiung und des Friedens plötzlich in einem ganz neuen Zusammenhang. "Nie wieder Krieg" haben alle im Land nach den schrecklichen Verheerungen und dem unermesslichen Leiden gehofft und entschlossen gefordert. Und jetzt ist er doch da: Krieg in Europa. Ein brutaler militärischer Überfall auf ein anderes Land. Rohe Gewalt, die vor nichts zurückschreckt. Zerbombte Städte, Kriegsverbrechen, Verschleppungen, Flüchtlingsströme. Wir sind in Deutschland nicht direkt betroffen, aber es geschieht gleichsam vor unserer Haustür. Menschen fliehen zu uns, wirtschaftliche Verwerfungen betreffen uns und die ganze Welt, und die Weltordnung ist aus den Fugen geraten.

Guter Rat ist teuer

Guter Rat ist teuer. Wie stoppt man einen zu allem entschlossenen Aggressor? Wie weit geht unsere Beistandspflicht für die überfallenen Ukrainer, wie kann man den Menschen dort am besten helfen? Sind wir im Westen mit unserer freiheitlichen Gesellschaftsordnung nicht schon längst das eigentliche Ziel dieser Aggression? Können wir eine weitere Ausweitung des Konfliktes verhindern oder entscheidet darüber ohnehin allein die Willküt eines einzelnen Despoten?

Kluge und gute Antworten

Es ist zu hoffen, dass die Verantwortungsträger in unserem und anderen Ländern auf diese und viele andere schwierige Fragen kluge und gute Antworten finden und mit aller Kraft "den Frieden suchen und ihm nachjagen" (Psalm 34,15). Aber was dort in der Ukraine in der entfesselten sinnlosen Gewalt, in der rohen Fratze des Bösen zutage tritt, berührt auch eine Ebene, die außerhalb unseres menschlichen Einflussvermögens liegt. Als Christen wissen wir: Wir sind angewiesen darauf, dass Gott, unser himmlischer Vater, uns vom Bösen erlöst. Dass er seine Herrschaft des Guten durchsetzt, wie im Himmel, so auf Erden.  So haben wir von Jesus gelernt zu beten. Wir haben deshalb an diesem 8. Mai umso mehr Grund, einzustimmen in das Gebetslied Martin Luthers: "Verleih uns Frieden gnädiglich, Herr Gott, zu unsern Zeiten. Es ist ja doch kein andrer nicht, der für uns könnte streiten, denn du unser Gott alleine."

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Apr. 2022 - Auf ein Wort zum Palmsonntag
Sonntagsgedanken zum 10.04.2022

Rio Reiser hat schon vor 50 Jahren im Song Paradies von einer besseren Welt geträumt:

„Ich hab geträumt, der Krieg wär vorbei. Du warst hier - und wir war‘n frei. Und die Morgensonne schien. Alle Türen waren offen, die Gefängnisse leer. Es gab keine
Waffen und keine Kriege mehr. Das war das Paradies.“

Aber wie kann man nicht nur vom Frieden träumen, sondern erste und zweite Schritte tun?

Da braucht es gute Vorbilder. Wer fällt Ihnen ein? Mir fällt einer ein. Ein König. Einer, der im Stall zur Welt kam und am Palmsonntag auf einem Esel statt auf einem Schlachtross ritt und den Menschen ohne Unterschied geholfen hat: Jesus. Ein König, der nicht von oben regiert, sondern sagt: „Ich bin bei euch!“ So einer tut gut - nicht nur in unserem Land.

Ein schönes Wochenende!

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Okt. 2021 - Airbag als Patent angemeldet
Sonntagsgedanken zum 23.10.2021

Eine gute Erfindung. Jedes Auto hat heute Airbags. Da gibt es die Airbags im Lenkrad und im Armaturenbrett vor dem Beifahrer. Die in den Sitzen, manchmal auch die Airbags vor den Fenstern, in der Mittelkonsole und im Kofferraum...

Rundherum geschützt von fast allen Seiten, soll den Insassen bei einem Unfall so wenig wie möglich passieren. "Von allen Seiten umgibst du mich und hältst deine Hand über mir." Von dieser Erfahrung schreibt König David, im Psalm 139. Gott umgibt mich von allen Seiten, egal, wo ich hingehe. Er umgibt mich in guten und schweren Zeiten von allen Seiten, egal, ob ich zu Fuß laufe, mit dem Fahrrad fahre oder dem Auto.

Wissen Sie, wo beim Auto kein Airbeck sitzt? Im Dach! Bei Gott weiß ich seine Hand über mir.

Ein schönes Wochenende!

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Okt. 2021 - Freude am Kastanienmännchen

Sonntagsgedanken zum 10.10.2021

Es wird Herbst, und fast jeder kennt die Kastanienmännchen, die Kinder seit Generationen basteln: zwei Kastanien unterschiedlicher Größe mit einem Streichholzstückchen verbunden, Arme und Beine ebenfalls aus Streichhölzern, die Füße aus Eicheln. So stehen sie dann auf der Fensterbank, und Eltern sind beim Staubwischen bemüht, dass die Beine aus den vorgebohrten Löchern der Kastanie nicht rausrutschen.

Ich mag Kastanienmännchen, ebenso wie Kastanienigel (für Bastelanfänger) oder Kastanienpferdchen (für Fortgeschrittene), weil sie gegen den bevorstehenden Herbst- und Winterblues antanzen.

Zu oft ist für uns  der Herbst nur trist, dunkel und erinnert mit der scheinbar "sterbenden" Schöpfung an die eigene Vergänglichkeit, so wie es Rainer M. Rilke in seinem Gedicht "Die Blätter fallen" beschrieb. Die vielen kirchlichen Feiertage im November tun da ihr Übriges.

Das Kastanienmännchen aber sagt mir: "Hey, pflanz mich ein, und ich werde ein Baum!" Es steckt mich mit seiner Fröhlichkeit an, als ob es sagen wollte: Freu dich an den Schönheiten und am Kreislauf der Natur! Freue dich an dem Schönen, was Gott schon gemacht hat. Deshalb: "Dies ist der Tag, den der Herr macht. Lasst uns freuen und fröhlich in ihm sein! (Ps 118,24). Die Kinder wissen, wie das geht.

Angesichts dieser Botschaft werde ich auch nicht traurig, wenn das Kastanienmännchen irgendwann verschrumpelt einem rotblättrigen Christstern seinen Platz räumt, denn ich weiß: Alles hat seine Zeit, jeder Tag ist Gottes Geschenk. Genießen wir ihn.

Ein schönes Wochenende!

 

Friederike Vethacke ist Schulpfarrerin am Gymnasium Petrinum und in der Ev. Kirchengemeinde Holsterhausen
Juni 2021 - Zieh mal den Stöpsel raus

Sonntagsgedanken vom 06.06.2021

„Zieh mal den Stöpsel raus!“, sage ich, wenn ich meinen Kindern etwas sagen möchte. Die haben aber mal wieder die In-Ear-Kopfhörer in ihren Ohren stecken und lauschen lieber ihrer Musik als meinem Anliegen.

„Zieh mal den Stöpsel raus!“, sage ich auch, wenn jemand vergessen hat, das Badewasser ablaufen zu lassen oder wenn am Ende des Sommers das Poolwasser abgelassen werden muss.

Laut Definition ist der Stöpsel ein Gegenstand, der ein Loch dicht abschließt. Das macht Sinn, trifft auf die Ohren zu und auch auf den Abfluss. Manchmal bezeichnen wir auch ein Kleinkind als Stöpsel. Vielleicht, weil es die Liebe zwischen den Eltern besiegelt, festigt und die Familie zusammenhält. Der Stöpsel hat immer eine positive Bedeutung. Er dichtet ab. Er hält Wasser in seinem Gefäß oder erfreut mit seinem pausbackigen strahlenden Kinderlächeln.

Nicht immer kann ich selbst den Stöpsel ziehen, z.B. wenn mir redensartig das Wasser bis zum Hals steht. Weil ich mich in eine Sache hineinmanövriert habe, aus der ich nicht mehr allein rauskomme: Sorgen, Schulden, Probleme, Lügengebäude. Ich drohe in all dem Gewust zu ertrinken. Da tut es dann gut, wenn jemand anders für mich den Stöpsel zieht, Sorgen oder Verantwortung abnimmt, eine Hilfestellung gibt oder mir verzeiht. Da geht es mir dann wie einer Luftmatratze, aus der erleichtert die Luft ausweicht. Oder der beinahe überschwappenden Badewanne. Druck wird von mir genommen. Ich bin erleichtert, sehe wieder eine Perspektive. Von Jesus gibt es da auch einen Ausspruch. Der hat nämlich gesagt: Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken!

Ich denke, ich werde dem Stöpsel nun mehr Beachtung zollen!

 

Friederike Vethacke ist Schulpfarrerin am Gymnasium Petrinum und in der Ev. Kirchengemeinde Holsterhausen

 

Apr. 2021 - Gefangen in Gottes Wort
Sonntagsgedanken zum 25.04.2021

500 Jahre Wormser Reichstag – am 18. April 1521 wurde Martin Luther in Worms vor den versammelten Fürsten des Deutschen Reiches und dem Kaiser Karl V. zur Rechenschaft gezogen. Der jüngst vom Papst als Ketzer gebannte Luther sollte seine Reformatorischen Schriften öffentlich widerrufen - andernfalls drohte ihm Reichsacht und Tod.

Aber der Mönch aus Wittenberg verweigerte sich dieser Aufforderung mit den berühmt gewordenen Worten: „Wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift oder einsichtige Vernunftgründe widerlegt werde - denn ich glaube weder dem Papst noch den Konzilen allein, weil es feststeht, dass sie öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben -, so bin ich durch die von mir angeführten Schriftstellen bezwungen, und mein Gewissen bleibt gefangen in Gottes Wort. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil es unsicher ist und die Seligkeit bedroht, etwas gegen sein Gewissen zu tun. Gott helfe mir, Amen.“

Luthers wagemutiger Auftritt wurde ein Schlüsselereignis für den weiteren Verlauf der Reformation und hat langanhaltende geschichtliche Wirkung gezeigt. In den Zeiten des Nationalismus etwa wurde er mythisch überhöht als deutscher Held, der Kaiser und Papst die Stirn bietet. In unserer Gegenwart sieht man ihn vor allem als einen Vorreiter für Werte wie Standhaftigkeit und Zivilcourage. Und kürzlich erst hat Bundespräsident Steinmeier die Widerrufsverweigerung von Martin Luther als "europäische Sternstunde des erwachten individuellen Gewissens" gewürdigt.

Beachten sollte man allerdings, dass Luther nicht einfach seine subjektive Sicht zum Maß aller Dinge gemacht hat. Überzeugenden, vernünftigen Gegenargumenten hätte er sich gebeugt, wenn sie ihm denn vorgetragen worden wären. Entscheidend aber ist die Orientierung an der Heiligen Schrift. Hier bleibt sein Gewissen „gefangen in Gottes Wort“, das ihn aus der Bibel heraus angesprochen und überwältigt hat. Das ist der Felsen, der sogar die Standfestigkeit gibt, im Gegenwind einer Weltmacht nicht umzufallen und Gott mehr zu gehorchen als den Menschen. Was die Bindung des Gewissens an dieses verlässliche, heilsgewiss machende Wort bedeutet und für Kräfte freisetzt, das können wir tatsächlich bis heute – übrigens durchaus auch in ökumenischer Verbundenheit – an Martin Luthers Auftreten in Worms studieren.

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Mrz. 2021 - Der Segen ist ein Geschenk
Sonntagsgedanken zum 14.03.2021

„Du sollst nicht leer ausgehen.“ Zum Schluss eines Besuches im Altenheim legt sie plötzlich ihre rechte Hand auf meinen Kopf und segnet mich „im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Ich bin überrascht. Damit habe ich nicht gerechnet.

Das habe ich so noch nicht erlebt. Und ich bin berührt. Wieviel Ernst und Ruhe in diesem Moment liegt. Die Worte gehen mir direkt ins Herz. Von diesem besonderen Augenblick habe ich noch tagelang gezehrt.

Der Segen ist ein Geschenk. Und es braucht nicht viel dazu: Das gute Wort, eine Geste, die Zusage, dass Gott am Werk ist, dass er Dich und mich halten will.

Der Segen ist kein Rundumsorglos-Paket, kein Schutzschild gegen alles Böse. Er ist das Versprechen Gottes, da zu sein, was auch immer geschieht.

Das habe ich bei jenem besonderen Segenserlebnis selbst spüren können. Ich bin nicht leer ausgegangen – im Gegenteil.

Ihnen ein gesegnetes, erfülltes Wochenende.

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche. Holsterhausen
Feb. 2021 - Gott und uns selbst lieben lernen
Sonntagsgedanken zum 28.02.2021

Mit einer Ansprache in der Synagoge von Köln hat Bundspräsident Frank-Walter Steinmeier vor wenigen Tagen das Jubiläumsjahr "1.700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland" eröffnet.

Ich habe nach der Ansprache an die Städtepartnerschaft zwischen Dorsten und Hod Hasharon gedacht. In der Urkunde, die vom damaligen Bürgermeister Ritter mitunterzeichnet wurde, hieß es: "Wir sind überzeugt von der Wichtigkeit der Beziehungen zwischen Deutschland und Israel." Eine gute Überzeugung, finde ich. Und dann erinnere ich mich an eine Fahrt der Kirchengemeinde vor etlichen Jahren nach Hod Hasharon. In der Synagoge wurde uns von einem alten Brauch in Israel erzählt. So wird einem neugeborenen Kind ins Ohr geflüster: "... du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen ..."

Eine wunderbare Tradition, finde ich. Das Erste und Wichtigste im Leben soll sein, von Gott zu hören, der uns zuerst geliebt hat. Geflüstert. Leise.

Das Kind soll sich nicht erschrecken. Niemand braucht sich vor Gott zu erschrecken. Er will mit seiner Liebe zu uns in Beziehung treten, damit wir ihn, unseren Nächsten und uns selbst lieben können.

Was ist wichtiger und schöner als das?

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Feb. 2021 - Du bist gut, so wie du bist

Sonntagsgedanken zum 14.02.2021

Er hängt an der Pinnwand oder Kühlschranktür, liegt im Portemonnaie oder inmitten eines Papierstapels: der Gutschein. Während des Lockdowns werden sie gerne verschenkt. Mit einem Gutschein unterstütze ich den ortsansässigen Einzelhandel in seiner Not. Zugleich vermeide ich, dass ich jemanden mit einem Geschenk beglücke, über das sich dieser aber gar nicht beglückt fühlt.

Ein Gutschein ist ein Papier, das ich gegen ein Gut einlöse. Ich habe etwas gut, kann mir etwas aussuchen, was mir gefällt. Und der Schenkende freut sich, dass ich mich freue.

Manchmal verschenken Firmen Geldgutscheine, die ich bei der nächsten Anschaffung einlöse. Ich freue mich dann, dass ich Geld spare, auch wenn der Kauf dadurch u.U. etwas teurer wird als geplant. Da freut sich der Händler dann auch und wir beide sind zufrieden.

Und dann gibt es Gutscheine, deren Inhalt bereits festgelegt ist: ein Kaffeeplausch oder ein Bierchen mit der Freundin oder dem alten Schulkumpel. Hier wird mir Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt. Mein Gegenüber und ich bereichern uns gegenseitig, teilen Sorgen und Freude. Das sind meist die Gutscheine ohne Verfallsdatum.

Alle Gutscheinarten haben ihre Berechtigung und sind eine feine Sache. Denn während des Einlösens und danach fühlen sich alle Beteiligten gut.

Einen Gutschein verschenke ich, weil mir jemand etwas wert, gut für mich ist. „Du bist gut, so wie du bist!“ Das auszusprechen, kostet mich gar kein Geld und kaum Zeit. Und dem anderen tut es gut, dies zu hören und er freut sich. „Du bist gut – du tust mir gut.“ Warum sagen wir das eigentlich so selten?

 

Pfrn. Friederike Vethacke, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Dez. 2020 - Weihnachten fällt nicht aus!

Sonntagsgedanken zum 24.12.2020

Weihnachten fällt nicht aus!

Was für ein Desaster an den Festtagen in diesem Jahr, oder? Das ganze Land igelt sich ein im Lockdown. Familien und Freunde können sich nicht treffen, Feste und Feiern sind abgesagt, Begegnungen und sogar Gottesdienste sind auf ein Minimum reduziert oder finden gar nicht statt. Hat dieses winzige Virus-Ding unser Weihnachten erledigt? O nein. Es hat zwar vieles von dem unmöglich gemacht, was uns wert und wichtig ist und womit wir dieses Fest sonst feiern, ausschmücken und mit Glanz und Freude erfüllen. Aber an den Kern des Weihnachtsfestes kommt das Virus nicht heran, da kann es mutieren, soviel es will.

Denn das feiern wir: Der Schöpfer des Himmels und der Erde wird geheimnisvoll in seine Welt hinein geboren. Der Heiland und Erlöser kommt seinen Menschen nah. Er lässt sich nicht abschrecken durch Beherbergungsverbote und Reisebeschränkungen. Er geht nicht auf Abstand, er sucht die Nähe ohne jede Angst vor Ansteckung. Der, dessen irdisches Leben in einer Futterkrippe begonnen hat, findet auch den Weg in die armseligsten Hütten, in jede noch so kleine und abgeschottete Wohnstatt, zu den Vereinzelten und Einsamen in ihren Wohnungen genauso wie zu denen ohne Dach über dem Kopf oder zu den Kranken auf den Intensivstationen.

Deswegen können wir ihn zu uns einladen, wie eingeschränkt auch immer wir in diesem Jahr das Weihnachtsfest begehen. In dem Weihnachtslied „Ich steh an deiner Krippen hier“ geschieht das mit diesen Worten: „Eins aber, hoff ich, wirst du mir, mein Heiland, nicht versagen: dass ich dich möge für und für in, bei und an mir tragen. So lass mich doch dein Kripplein sein; komm, komm und lege bei mir ein dich und all deine Freuden.“

Weihnachten fällt nicht aus! Auch wenn wir nicht zum Feiern zusammenkommen können, bleiben wir feierlich verbunden durch den, der zu jedem von uns kommen kann. Und vielleicht hören oder spüren wir miteinander, wie uns die Engel (die haben kein Singverbot!) auch in diesem Jahr die frohe Botschaft zurufen: „Fürchtet euch nicht! Denn euch ist heute der Heiland geboren, Christus, der Herr.“

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Eine Vertonung des Liedes „Ich steh an deiner Krippen hier“:

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=W3FI1LULIEY

Nov. 2020 - Engel sind aktueller denn je

21.11.2020

Morgen erst feiern Christen den letzten Sonntag im Kirchenjahr: Protestanten feiern den Ewigkeitssonntag, Katholiken das Christkönigsfest. Und doch sind sie schon vor einigen Wochen wieder aufgetaucht. Zunächst zaghaft, dann immer demonstrativer, erst in den Auslagen der Geschäfte und in der Werbung, bald schon auf den Fensterbänken und Kommoden vieler Häuser: die Engel.

Engel aus Ton, Glas und Marzipan, Engel zum Hinstellen und Aufhängen, geschmackvoll und kitschig. Geflügelte Männer in weißen Gewändern und pausbäckige Kinder mit goldgelocktem Haar stimmen uns auf Advent und Weihnachten ein. Und doch sagen viele Menschen: "Engel gibt es nicht!" Diese Boten Gottes passen so gar nicht recht in unsere fast bis ins Letzte erforsche Welt. Sind Engel doch nur Relikte aus vergangenen Zeiten oder eine Erfindung, die zur behaglichen Weihnachtsstimmung beiträgt?

Ich sage: nein! Engel sind wieder auf dem Vormarsch, und das zu jeder Jahreszeit.

"Fahre nie schneller, als dein Schutzengel fliegen kann" steht seit Jahren auf Autoaufklebern. "Da hat er aber einen Schutzengel gehabt", sagen wir, wenn jemand  einem Unglück entkommen ist. "Du bist ein Engel", sagen wir zu der Person, die uns geholfen hat. Der Wunsch nach Schutz ist der Grund, warum Engel bei uns aktuell sind, ganz besonders in der Corona-Zeit.

Es verwundert nicht, dass Engel menschenähnlich dargestellt werden, denn in jedem von uns steckt ein Engel. Wo mir jemand hilft, begegnet mir ein Engel. Wo ich jemandem zuhöre, begegnet diesem ein Engel. Wo ist Ihnen Ihr Engel zuletzt erschienen?

Wir alle brauchen solche Engel unter uns. Wie gut deshalb, dass uns die vielen kleinen Weihnachtsengel, die eine so große Botschaft zu verkündigen haben, uns immer wieder daran erinnern.

Pfrn. Friederike Vethacke, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Sept. 2020 - Der Stadt Bestes!

27.09.2020

„Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum Herrn; denn wenn´s ihr wohl geht, so geht´s auch euch wohl.“ (Jeremia 29,7)

– Diesen Rat gab ursprünglich der Prophet Jeremia den Menschen aus Israel, die im Jahr 597 v.Chr. ins Exil in Babylonien verschleppt worden waren. Suchet der Stadt Bestes – ein kluger Rat. Die Exulanten sollen nicht versinken in vergeblichen Hoffnungen auf eine Rückkehr und sich nicht in einer distanzierten Oppositionsrolle einigeln, sondern sie sollen sich einlassen auf die neue Situation und mitwirken an der Gestaltung des Lebens im fremden Land, selbst wenn sie dort gegen ihren Willen gelandet sind.

Suchet der Stadt Bestes – das hat sich durch die Zeiten hindurch immer wieder als ein weiser Ratschlag erwiesen. Mitwirken an einer positiven Ausformung der Zukunft, zum Wohle aller. Das Gemeinwesen stärken, in dem man lebt. Egal, wie man dorthin gekommen ist oder ob einem vielleicht vieles darin fremd vorkommen mag.

Suchet der Stadt Bestes – das ist gerade auch für Christen eine gute Richtlinie für die Ausrichtung ihres Handelns. Sie können noch etwas anderes einbringen als aufmerksames Hinschauen, kluge Ideen und aktives Helfen. Im zweiten Teil von Jeremias Ratschlag heißt es „Betet für sie zum Herrn.“ Das ist ja wohl das Beste, was einer Stadt passieren kann: Dass Gott sich ihrer annimmt und das Leben der Menschen darin zum Guten wendet.

„Suchet der Stadt Bestes und betet für sie zum Herrn“ – auf diesen Weg will sich auch das neue christliche Netzwerk „Mission Dorsten“ begeben, das sich auf einem Impulstag am 3. Oktober vorstellt. Was könnte Gutes in unserer Stadt entstehen, wenn Christen aller Konfessionen in ökumenischer Verbundenheit und orientiert am Evangelium danach fragen und gemeinsam daran arbeiten, wie unsere Stadt besser zu machen ist?

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Aug. 2020 - Seht ihr den Mond dort stehen?
15.08.2020

Liebe Leser, heute Abend (Samstag) ist der Mond 383.732 km von uns entfernt. Er wird sich abends mit abnehmender Sichel zeigen. Wir werden ihn nur halb sehen.

Heute auf den Tag vor 280 Jahren wurde einer geboren, der den Mond gerne angeschaut hat, Matthias heißt er. Matthias Claudius.

In seinem Gedicht "Abendlied - der Mond ist aufgegangen" erzählt er uns vom Mond als einem hilfreichen Bild für unser Leben. In der dritten, oft gesungenen Strophe heißt es da: "Seht ihr den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu sehen, und ist doch rund und schön. So sind wohl manche Sachen, die wir getrost belachen, weil unsre Augen sie nicht sehen."

Wunderbar, wie Matthias Claudius uns die Augen öffnen will für das, was nicht auf den ersten Blick zu sehen ist. Wie oft wird belächelt und verdacht, was sich erst nach und nach zeigt. Es braucht Zeit, die wichtigen Dinge im Leben für sich zu entdecken. Am besten geht es mit Hilfe. Davon erzählt Matthias ein paar Verse später: "Gott, lass dein Heil uns schauen...". Ich wünsche Ihnen ein friedliches, sternenklares Wochenende.

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Mai 2020 - Ein wohltuendes Wunder
09.05.2020

Ein wohltuendes Wunder in Corona-Krisen-Zeiten

Der kommende Sonntag trägt den Namen „Kantate“. Klingt nach Musik. „Singt!“, heißt der Name übersetzt.

Ist Ihnen zurzeit zum Singen zumute? Vielen ist das Singen vergangen. Und Morgen? Im Gottesdienst, zu dem wegen der vorgeschriebenen Abstände nur ein kleiner Teil der sonstigen Besucher kommen darf, da ist das Singen noch nicht erlaubt.

Was für Zeiten. „Singet dem HERRN ein neues Lied, denn er tut Wunder.“ So steht es in Psalm 98.

Dieses neue Lied, wenn es auch vielleicht zuerst innerlich gesungen oder gesummt wird, soll von Wundern erzählen, dass der HERR tut.

Haben Sie in diesen Zeiten trotz allem auch Wunder erlebt? Mir wurde von vielen Wundern erzählt. Da erreicht mich zum Beispiel eine Mail. Und am Ende ist da der Hinweis auf ein altes, neues Lied, vor ein paar Tagen aufgenommen und bei Youtube zu sehen:

„Amazing Grace Virtual Choir“. Wer diese Wörter in den Computer eingibt, erlebt ein mitreißendes, zusammengefügtes Singen aus vierzig Wohnzimmern.

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Feb. 2020 - Einfach mal runterschalten
29.02.2020

Geht's auch einen Gang niedriger? Sind da noch Kräfte frei, für Liegengebliebenes, für Veränderungen, für Korrekturen? Gibt es auch einmal Zeit für Dinge, die sonst im Alltag unter die Räder kommen?

Mit dem Aschermittwoch haben die 40 Tage der kirchlichen Passions- bzw. Fastenzeit vor Ostern begonnen. Diese Zeit der besonderen Erinnerung an das Leiden und Sterben Jesu Christi wird traditionell genutzt zur Neubesinnung. Dazu kann gehören: das Alltagstempo drosseln. Verzicht üben, einen neuen Blick auf die Dinge gewinnen, Wertvolles wiederentdecken, Fehlentwicklungen benennen und Schuld eingestehen, Zeit finden für Begegnung mit Gott, mit seinen Mitmenschen und mit sich selbst. Weil Gott mit uns etwas Neues anfängt, haben wir auch die Möglichkeit, einen falschen Kurs zu berichtigen und umzudenken, mit unserer ganzen Existenz oder auch in Teilbereichen des Lebens.

In diesem Jahr setzt eine kirchliche Initiative einen besonderen Schwerpunkt mit der Aktion "Klimafasten" (www.klimafasten.de). Darin soll es darum gehen, zu spüren und zu erleben, was ich wirklich brauche und was wichtig ist für ein gutes Leben im Einklang mit der Schöpfung. Woche für Woche wird ein anderes Themenfeld in den Blick genommen und nach konkreten Handlungsalternativen Ausschau gehalten. Herz, Hand und Verstand sollen bestärkt werden, anders und behutsamer mit der Schöpfung und den Mitgeschöpfen umzugehen, sich auf das rechte Maß zu besinnen und es vielleicht einfach mal gut sein zu lassen. Auf diese Weise kann "Klimafasten" dazu beitragen, den Blick zu weiten, sich auf Ostern vorzubereiten, und dabei sich und die Welt zu verändern.

Also: Einfach mal runterzuschalten. Überlegen, was man besser machen kann. Und was man lassen kann.

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Feb. 2020 - Die Bibel ist an seiner Seite
01.02.2020

Der heutige 1. Februar wird auch "Robinson-Crusoe-Tag" genannt. Erinnern Sie sich noch an diese abenteuerliche Geschichte?

Daniel Defoe erzählte in seinem Roman, der auf einer wahren Begebenheit beruht, von dem Seemann Robinson. Nach einem Schiffbruch muss er 28 Jahre auf einer kleinen Insel verbringen, bevor er gerettet wird.

Woher hat Robinson die Kraft bekommen, diese Jahre zu durchstehen?

Im Roman ist die Bibel an seiner Seite. Die findet er im Schiffswrack. Er liest jeden Tag. Auf die Idee wäre er früher gar nicht gekommen. Aber jetzt nimmt er sich die Freiheit. Und da ist dann der eine Vers, der ihn besonders ansprechen wird, wo es heißt: "Ich lasse dich nicht fallen und verlasse dich nicht." So spricht Gott im Buch Josua. Im ersten Kapitel. Ein starkes Wort. Wie viele haben das schon erlebt. Sie werden eines Tages fallen gelassen. Wie eine heiße Kartoffel. In der Schule. Im Beruf. Im Freundeskreis.

So ist die Welt, sagen manche Menschen. So ist Gott nicht, sagt die Bibel.

Wir sind ihm so viel wert, dass er uns unter keinen Umständen im Stich lässt. Gerade auch dann nicht, wenn wir Schiffbruch erleiden.

In diesem Sinne Ihnen ein abenteuerliches Leben mit diesem Vers - nicht nur am "Robinson-Crusoe-Tag".

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Dez. 2019 - Zwischen den Jahren
29.12.2019

Mit dem Ausdruck „Zwischen den Jahren“ bezeichnete man früher einen nicht ganz klar umrissenen Zeitraum zwischen dem 21.12. bzw. Weihnachten und Sylvester bzw. dem 6. Januar. In Zeiten, wo das Jahresende noch nicht einheitlich nach dem Sonnenkalender festgelegt war, gab es tatsächlich einige Tage, die zeitlich nicht ganz eindeutig zuzuordnen waren.

Oft war dieser Zeitraum noch verbunden mit allerlei abergläubischen Bräuchen. Für die sogenannten „Rauhnächte“ gab es die Vorstellung, dass in dieser Zeit die Grenze zwischen der Wirklichkeit und einer jenseitigen Welt verstorbener Seelen und Geister durchlässiger sei und deshalb besondere Gefahren zu befürchten wären. Z.B. wurde gesagt, dass man an diesen Tagen keine weiße Wäsche auf die Leine hängen durfte – kennen Sie diese Warnung auch noch?

Nun leben wir im Zeitalter des Wäschetrockners, so dass sich das Problem der Wäsche auf der Leine für die meisten gar nicht mehr stellt. Und auch sonst unterliegen wir – Gott sei Dank – in der Regel nicht mehr der Furcht vor solchen abergläubischen Ideen.

Trotzdem lösen die Tage nach Weihnachten auch in unserer Gegenwart bei vielen Menschen noch ein besonderes Zeitgefühl aus. In vielen Betrieben ruht noch die Arbeit, die Tage sind kurz und dunkel, man hält sich mehr zu Hause auf. In den Jahresrückblicken ziehen noch einmal Ereignisse des auslaufenden Jahres vorbei, mit manchen Abschieden und kleinen und großen Unglücken. Prognosen für das nächste Jahr werden angeboten, die möglichen Krisen und Katastrophen des kommenden Jahres beschrieben. Und mittendrin unser eigenes Leben mit seinen vergangenen und denkbaren zukünftigen Ereignissen und Schicksalsschlägen.

„Zwischen den Jahren“ – es tut gut, sich in diesen ‚rauhen’ Tagen erst recht der biblischen Zusage zu vergewissern: Unsere Zeit steht in Gottes Händen! Egal, wie klar oder unklar uns Vergangenes, Zukünftiges oder sogar unsere Gegenwart erscheinen mag, ist unser Leben bei ihm gut aufgehoben. Diese Zuversicht zwischen den Jahren wünscht allen Lesern der Dorstener Zeitung

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Dez. 2019 - 50 Jahre Schatz im Silbersee
14.12.2019

Heute auf den Tag vor 50 Jahren: Der Film „Der Schatz im Silbersee“ wird uraufgeführt.

Die Warteschlangen vor den Kinos sind lang. Der erste Karl-May-Film, der im „Wilden Westen“ spielt, wird ein großer Erfolg. In der Geschichte jagen alle Beteiligten – übrigens ohne Laserschwert - einem Schatz hinterher. Ganz zum Schluss des Filmes ist der silberne Schatz zu sehen. Zum Greifen nah. Doch dann versinkt er unwiederbringlich im Moor.

So ist das doch wohl mit allen Schätzen. Früher oder später versinken sie unwiederbringlich. Aber dann singen wir in den Kirchen in der Adventszeit noch ein anderes Lied. Es heißt: „Wie schön leuchtet der Morgenstern“. Da heißt es ganz zum Schluss: „Wie bin ich doch so herzlich froh, dass mein Schatz ist das A und O, der Anfang und das Ende.“

Da ist von dem einen Schatz, von Jesus Christus, die Rede, der nicht versinkt. Der nicht abhaut. Der bleibt. Der Türen öffnet. Der Licht und Frieden bringt. Allen.

Eine gute Schatz-Suche zum dritten Advent wünscht Ihnen

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Aug. 2019 - Suche Frieden und jage ihm nach
11.08.2019

Liebe Leserinnen und Leser, der heutige Tag ist in besonderer Weise mit dem Frieden verbunden. Es gibt viel zu wenig Tage, die mit dem Frieden verbunden sind. Aber heute ist so ein Tag. Vor genau 300 Jahren unterschrieb Kurfürst Georg I. in Herrenhausen den sogenannten Frieden von Stockholm, Die Ausfertigung erfolgte auf Papier mit Unterschrift und Lacksiegel auf schwarzen Schnüren. So vermerken es die Geschichtsbücher. Ein Krieg mit vielen Beteiligten und vielen Toten ging zu Ende. An diesem besonderen Tag: Mit wem wollen Sie persönlich heute Frieden schließen?

Es würde mich wundern, wenn Ihnen da nicht sofort Menschen einfallen, mit denen Sie Frieden schließen könnten. Vielleicht wäre es auch an der Zeit, mit sich selbst Frieden zu schließen oder mit Gott?

Was bei Ihnen auch dran sein sollte: Wenn Sie mögen, dann folgen Sie dem Beispiel des Kurfürsten. Nehmen Sie Papier oder Handy zur Hand und schreiben Sie, damit Frieden wird. Das ist ja unser Auftrag aus der Bibel, der Herzenswunsch Gottes an Dich und mich aus Psalm 34,15: "Suche Frieden und jage ihm nach".

Ein schönes, friedliches Wochenende!

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Feb. 2019 - Wolle mer en eroilosse?
24.02.2019

„Drauße steht er“, ruft der Sitzungspräsident in der Karnevalszeit aus dem Fernsehapparat. „Wolle mer en eroilosse?“ – „Eroi mit em!“ schallt es dann im Saal.

Ja, herein mit ihm! Dem Humor! Ich denke, wir haben ihn gerade bitter nötig. Wir brauchen etwas anderes als immer mehr Hass und Verbitterung im täglichen Leben.
Da kommt Humor gerade recht. Denn Humor wendet sich gegen Hass und Verbitterung. Humor macht frei. Humor hilft, die Dinge mal von einer anderen Seite zu sehen und anzugehen.

Gott selbst macht es uns vor. So steht es im zweiten Psalm der Bibel: „Warum toben die Völker und murren die Nationen so vergeblich? Die Könige der Erde lehnen sich auf wider Gott und seinen Gesalbten. Aber der im Himmel wohnt, lachet über sie.“

Gott lacht über die Pläne derjenigen, die sich selber für Götter halten. Die nur ihr Ego groß machen und nicht den Armen und Benachteiligten dienen. Über die lacht Gott. Und dann zeigt er auf die Nächstenliebe. Und gegen die haben Hass und Verbitterung keine Chance.

Sein Lachen macht fröhlich und gelassen. Aber Humor ergibt sich nicht von allein. Man muss ihn schon wollen. Deshalb fragt der Sitzungspräsident bald wieder: „Wolle mer en eroilosse?“

Tja, wollen wir ihn reinlassen, den Humor?

Ein schönes Wochenende

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Dez. 2018 - Freude!
23.12.2018

Eine Aufforderung zur Freude steht als biblischer Leitspruch über dem 4. Advent: „Freut euch in dem Herrn zu jeder Zeit, und abermals sage ich euch: Freut euch! Der Herr ist nahe!“ (Philipper 4,4+5). Wie steht es mit der Freude in unserem Leben?

Die Weihnachtszeit hält ja für viele Menschen besondere Anlässe zur Freude bereit: Glänzende festliche Momente und kulinarische Genüsse, Zeit der Begegnung und des Zusammenseins mit lieben Menschen aus Familie und Freundeskreis, überraschende Geschenke und die Erfüllung langgehegter Wünsche, nicht zuletzt auch: selber schenken können und anderen Freude bereiten. Wie schön und kostbar, wenn man davon etwas erleben und sich daran freuen kann.

Trotzdem ist solche Freude häufig nicht ungetrübt, weil vielleicht der Schatten einer Sorge, einer Not, eines Streites, einer Trauer oder einer Krankheit darauf fällt. In besonders schwierigen Lebensumständen kann davon sogar die Freude ganz verdeckt sein.

Der biblische Aufruf zur Freude hat aber einen noch ganz anderen Grund als die möglichen Anlässe zur Freude in der Weihnachtszeit. Dieser Grund zur Freude trägt auch dann, wenn alles schief gehen sollte, wenn das Essen anbrennt oder völlig ausfällt, wenn Begegnungen in Streit münden, Geschenke ausbleiben, die Stimmung im Keller ist. Grund zur Freude haben wir „in dem Herrn“: Weil Gott uns unfassbar nah kommt, weil mit der Geburt von Jesus das Licht der himmlischen Liebe in diese Welt gelangt ist und auch bis in den finstersten Winkel vordringt. Diese Freude kann durch nichts und niemanden geraubt werden.

Ein modernes Kirchenlied drückt das so aus: „Herr, du allein gibst mir Freude, die von innen kommt, Freude, die mir niemand nimmt. Herr, du machst mein Leben hell mit dem Licht deiner Liebe.“

In diesem Sinne wünsche ich uns allen Festtage voller Freude!

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Okt. 2018 - Vor 50 Jahren in Mexiko
27.10.2018

Heute auf den Tag vor 50 Jahren in Mexiko. Es ist der letzte Tag der Olympischen Sommerspiele.

Auf der Ergebnistafel im Stadion verschwindet der Schriftzug „Mexiko 68“ und zum ersten Mal leuchtet „München 72“ auf. Das olympische Feuer erlischt. Ein besonderes Feuer, das durch einem Fackel-Lauf von über 13.000 Kilometern von Griechenland nach Mexiko-City gebracht wurde.

Und dann ist es damals zum ersten Mal in der Geschichte der Olympischen Spiele geschehen, endlich, dass das Haupt-Feuer durch eine Frau entzündet wurde. Norma Sotelo heißt sie. Reporter fragten später: „Was haben sie gedacht und gefühlt, als sie in das vollbesetzte Stadion gelaufen sind.“

Sie antwortete: „Ich habe an ein Wort aus der Bibel, aus Psalm 27, gedacht: „Der HERR ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten?“ Mir hat das Wort beim Lauf die Angst genommen.“

Ob das vielleicht ein Wort ist, das Ihnen auf dem Lauf durch das Leben auch gut tun könnte?

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Aug. 2018 - Zur Quelle!
19.08.2018

Was für eine Affenhitze! So einen Sommer wie in diesem Jahr hat es schon lange nicht mehr gegeben. Wochen-, ja monatelang Sonne satt, strahlend blauer Himmel. Eigentlich wunderschön. Genau das, was sich viele Leute und besonders die Kinder jedes Jahr sehnlichst wünschen. Jetzt ist es da! Und erfrischende Getränke und kühle Bäder haben Hochkonjunktur.

Aber dieses Wetter hat auch eine unangenehme Kehrseite. Wenn es sehr heiß wird, kann das zu einer gesundheitlichen Belastung führen, besonders für kranke und ältere Menschen. Und vor allem: Die damit verbundene Trockenheit. Gartenbesitzer kommen mit dem Wässern nicht hinterher. Bäume werfen vorzeitig ihr Laub ab. Getreide und Feldfrüchte verkümmern, Ernten sind dürftig oder fallen ganz aus. Die Waldbrandgefahr steigt. Die Natur ächzt, viele Pflanzen und Tiere werden auf der Strecke bleiben.

Ich habe in diesen Tagen oft an die Jahreslosung denken müssen: Gott spricht: Ich will dem Durstigen gegen von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst (Offenbarung 21,6). Dieser Sommer führt uns drastisch vor Augen, wie sehr wir angewiesen sind auf Wasser, wie kostbar dieses lebenswichtige Element für alle Kreaturen ist. Das gilt aber nicht nur für den Körper, sondern auf andere Weise auch für Seele und Geist. Auch hier gibt es Zeiten der Trockenheit, in denen die Lebenskräfte austrocknen. Dann drohen Mangelerscheinungen. Dann gerät der Ertrag des Lebens in Gefahr. Dann wird der Lebensdurst zur Qual.

Die Jahreslosung erinnert uns daran: Gott allein kann unseren Durst nach Leben stillen, aus einer Quelle, die nie versiegt. Das ist uns verheißen am Ende der Zeit. Von diesem Lebenswasser bekommen wir auch schon jetzt zu kosten. Es strömt immer dann, wenn wir in die Beziehung mit Jesus Christus eintreten. Es reinigt in der Taufe unser Herz. Wir trinken es als Erfüllung mit dem Heiligen Geist. Wir schmecken es in Brot und Wein beim Mahl des Herrn: Sein Leben - für mich gegeben. Das kostbare Lebenswasser gibt ER immer umsonst.

So kann die Affenhitze dieser Tage noch einen positiven Nebeneffekt haben: Dass sie uns zur Erinnerung an die Quelle des Lebens wird.

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Juni 2018 - Leichtes Gepäck

Sonntagsgedanken im Juni 2018

Die Gruppe "Silbermond" hat vor zwei Jahren mit ihrem Lied „Leichtes Gepäck“ einen ziemlich großen Hit gelandet. Ich drehe das Radio lauter, wenn das Lied mal wieder kommt. „Eines Tages fällt dir auf, dass du 99 Prozent davon nicht brauchst. Du nimmst all den Ballast und schmeißt ihn weg. Denn es reist sich besser mit leichtem Gepäck.“

Was häuft sich nicht alles im Laufe der Zeit an Sachen an, die nur  Ballast sind. Äußerlich und innerlich. Klamotten, die ich vor zehn Jahren einmal getragen habe. Erinnerungen an einen Streit, der mich nicht loslässt. Vorwürfe, die ich hinterhertrage. Alles Ballast. Sie kennen 1000 weitere Beispiele.

Wohin damit? „Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.“

Dieser Satz aus der Bibel zeigt auf Jesus. Er hat die beste Ballast-Deponie der Welt.

Ihnen eine gute Reise.
Mit leichtem Gepäck.

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Feb. 2018 - Der König von Deutschland
12.02.2018

„Ich würd die Krone täglich wechseln, würde zweimal baden, die Lottozahlen eine Woche vorher sagen, ich würd jeden Tag im Jahr Geburtstag haben! Das alles und noch viel mehr würd ich machen, wenn ich König von Deutschland wär!“

Zugegeben, das Lied von Rio Reiser ist schon etwas in die Jahre bekommen. Aber ich musste daran denken, als ich vor ein paar Tagen im Kindergarten Königinnen und Prinzessinnen sah. Natürlich keine echten. Die Kinder hatten sich verkleidet.

„Was würdet ihr tun, wenn ihr König wärt“, habe ich sie gefragt. Die Antwort: „Süßigkeiten essen. Den ganzen Tag!“ Und was würden Sie tun, wenn Sie König oder Königin von Deutschland wären? Veränderungswünsche gibt es viele: Mehr soziale Gerechtigkeit, Menschen, die aufeinander achten, eine friedlichere Welt. Aber kann man das von oben durchsetzen? Dazu braucht es viele Menschen, die viele Schritte tun.

Und es braucht Vorbilder. Mir fällt eins ein. Auch ein König, aber ein ganz anderer. Einer, der im Stall zur Welt kam und auf einem Esel ritt und der vielen Menschen geholfen hat: Jesus. Ein König, der nicht von oben regiert, sondern sagt: „Ich bin bei euch!“

So einer tut gut - nicht nur in Deutschland.

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Dez. 2017 - Advent, ER kommt!
03.12.2017

Neulich hat sich der Opa wieder zu Besuch angemeldet. Schon Tage vor seinem Eintreffen fangen die Vorbereitungen an. Das Wohnzimmer wird mal wieder gründlich aufgeräumt, der Flur geschmückt, das Gästebett in Schuss gebracht. Bilder werden von eifrigen Kinderhänden gemalt, Geschichten zum Vorlesen eingeübt, die wichtigsten Ereignisse der letzten Wochen noch einmal erzählfertig in Erinnerung gerufen – na klar: „Opa kommt!“

Ein aufgeregter Begrüßungstrupp macht sich auf den Weg zum Bahnhof. Fragen prasseln auf den Papa ein. „Auf welchem Bahnsteig kommt er an?“ - „Wo steigt der Opa aus?“ - „Von welcher Seite kommt denn der Zug?“ – „Wann trifft er endlich ein?“ Und dann, nach ungeduldigem Ausschauhalten, der freudige Ausruf: „Da kommt er. Ich seh’ ihn schon!“ Und bevor der Papa irgendetwas tun kann, stürzen sich die Kinder nach dem Anhalten des Zuges auch schon ins Getümmel der Fahrgäste, finden ihren Opa und fallen ihm um den Hals.

So eifrig und frohgemut geht es zu, wenn ein willkommener und lang ersehnter Gast seine Ankunft anmeldet. Ob auch Gott für uns ein so freudig erwarteter Besuch sein kann?

„Advent“ – das ist in unserer Zeit eher so etwas wie eine Umsatzsteigerungs-Jahresendralley geworden, bei der wir unserer Bürgerpflicht zum Konsum nachkommen sollen. Ursprünglich bedeutet „Advent“ aber „Ankunft“: Gott hat seinen Besuch angekündigt. Er ist in der Gestalt Jesu Christi auf dem Weg zu uns – in diese Welt und zu jedem von uns persönlich.

Advent kann die Zeit sein, wo wir uns vorbereiten auf sein Eintreffen. Gibt es etwas aufzuräumen oder zu schmücken in unserem Leben? Was werden wir ihm erzählen? Woran hat er Freude, was interessiert ihn? Welche Fragen sind noch zu klären? Wo und von welcher Seite erwarten wir ihn eigentlich?

Advent erinnert daran: Jesus kommt! Geben wir ihm doch die Gelegenheit, auch bei uns gut anzukommen!

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Okt. 2017 - Kastanien sammeln
08.10.2017

Kastanien sammeln. Dass ist in diesen ersten Oktober-Tagen eine wunderbare Beschäftigung. Bei einem Fahrradausflug die Gegend rund um Dorsten erkunden. Und unter einem alten Baum eben diese Früchte sammeln. Kastanien. Genauer: Lepanto-Kastanien.

Nach dem Sammeln sitzen wir noch eine Weile unter dem Baum. Und staunen: Was für kräftige Äste. Welch unterschiedliche Farbtöne in den Blättern. Der starke Stamm, der sich auch in den Stürmen nicht so leicht umknicken lässt. Und der Halt findet durch unzählige Wurzeln, die Wasser und Kraft aus der Erde befördern.  Ich denke an ein Wort aus der Bibel, aus dem ersten Psalm: „Glücklich, wer Gottes Weisungen in sein Herz aufnimmt und über sie nachsinnt ... der ist wie ein Baum, gepflanzt an Wasserbächen.“

Worin bin ich eigentlich verwurzelt? Woher bekomme ich Kraft? Was gibt mir Halt?

Was den Stamm des Baumes stark macht, das ist die Lebenskraft aus der Tiefe und das Licht aus der Höhe. Ich denke, die Verwurzelung in Gott, das Geborgensein in seiner Liebe, die macht das Leben tragfähig. Gerade im Sturm des Lebens. Auch wenn wir einmal geknickt sind. Gottes Kraft richtet auf. Und hilft, dass wir uns entfalten können. Damit wir Frucht bringen. Vielleicht sieht die Frucht auf den ersten Blick stachelig aus. Aber innen drin ist sie bestimmt wunderschön. Wie eine Kastanie.

Pfr. Matthias Overath, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen
Juli 2017 - Einfach Frei!
16.07.2017

Ende des Schuljahres. Ferienzeit - endlich! Für alle Schüler in Dorsten gilt jetzt für sechseinhalb Wochen: Ich habe einfach frei. Kein Pauken, keine Verpflichtungen, keine Hausarbeiten, keine Klausurvorbereitung. Und auch für viele andere Menschen steht jetzt die Zeit des Urlaubs vor der Tür. Und das bedeutet auch für sie: Arbeitspause. Erholen, Loslassen, Durchatmen. Einfach frei sein – wie herrlich!

„Einfach frei“ – so hat die Evangelische Kirche in Westfalen ihre Kampagne zum Reformationsjubiläum betitelt. Nicht nur, weil in diesem Jahr der Reformationstag am 31. Oktober ein Feiertag ist und alle frei haben. Sondern vor allem, weil „Freiheit“ eines der Grundthemen der Reformation war. Denn Martin Luther entdeckte die „Freiheit eines Christenmenschen“, die in der Erlösung durch Jesus Christus begründet ist. Dazu gehört zum Beispiel die Freiheit von der Sorge um mein Leben und um das Heil meiner Seele, oder die Freiheit des Gewissens von allen falschen Bindungen. Das gibt es also auch im Glauben: Loslassen und Durchatmen, für Geist und Seele – einfach frei! Und zwar mit Langzeitwirkung, auch über begrenzte Ferientage hinaus.

Die Evangelischen Kirchengemeinden in Dorsten nehmen dieses Thema auf, indem sie zu einer „Expedition zur Freiheit“ einladen. Nach den Sommerferien wollen wir uns 40 Tage lang mit einem inspirierenden Buch, besonderen Gottesdiensten und offenen Gesprächsgruppen auf die Suche nach der Freiheit begeben und miteinander dem nachgehen, was die Seele aufatmen lässt. Eine spannende Entdeckungsreise auf den Spuren der Reformation – nicht nur für evangelische Christen!

In diesem Sinne wünsche ich allen Lesern nicht nur für die nächsten Wochen eine erholsame Ferien- und Urlaubszeit, sondern auch, dass sie für ihr ganzes Leben die Erfahrung machen können, wie schön das ist: einfach frei sein!

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

Dez. 2016 - Fahrerflucht
18.12.2016

Eine unangenehme Entdeckung neulich: Eine Beule an unserem Auto – und keiner weiß, woher die kommt. Irgendjemand hat anscheinend das Fahrzeug beschädigt und sich dann aus dem Staub gemacht. Das ist leider kein Einzelfall. Fahrerflucht ist in Deutschland offenbar zu einem Massenphänomen geworden, nach Hochrechnungen bei mehr als jedem fünften polizeilich erfassten Unfall (das wären über 50.000 Fälle!), die Dunkelziffer wird noch um ein zehnfaches höher geschätzt.

Wieso handeln immer mehr Menschen in unserem Land so unverantwortlich, laufen vor ihrer Schuld davon und lassen andere auf ihrem Schaden sitzen? Über die Ursachen kann man spekulieren: zunehmender Egoismus und Ellenbogenmentalität? Verlust von Werten wie Redlichkeit, Anstand, Ehrlichkeit?

Vielleicht führt aber zum 4. Advent ein anderer Gedankengang weiter: Die Adventszeit ist ja in ihren kirchlichen Ursprüngen kein mit Kerzenstimmung und Glühwein vorverlagertes Weihnachten, sondern eine Fasten- und Bußzeit. Mit dem Kind in der Krippe wird auch der Richter der Welt erwartet. Seine Ankunft gibt uns Anlass, unser Leben auf den Prüfstand zu stellen. Das mag, ernsthaft durchgeführt, bei vielen auch einen Impuls zum Davonlaufen auslösen. Denn es ist schwer zu ertragen, wenn die Schattenseiten unseres Lebens ausgeleuchtet werden.

Nun ist aber dieser im Stall von Bethlehem geborene König ein gnädiger Richter. Einer, der richtet, indem er zurecht bringt. Einer, der die Schuldenlast wegträgt, die vor ihm bekannt wird, indem er sie auf sich selbst nimmt.

Menschen, die Jesus Christus so kennen lernen, machen eine befreiende Erfahrung: Ich muss nicht mein Leben lang auf der Flucht sein vor dem, was ich getan oder angerichtet habe! Leben aus der Vergebung – das ist der Schlüssel zu einem aufrichtigen und angstfreien Umgang auch mit eigenen Fehlern und Vergehen, egal, ob es um kleine Bagatellschäden des Lebens geht oder um einen richtig großen Crash. Ich bin überzeugt davon: Wenn mehr Menschen eine solche adventliche Haltung einnehmen, wird es auch weniger Fahrerflucht bei uns geben.

Pfr. Dr. Andreas Deppermann, Martin-Luther-Kirche, Holsterhausen

 

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(1. Korinther 16,14)